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Politik

Trump, Montenegro und der Dritte Weltkrieg

18. Juli 2018

Donald Trump glänzt mal wieder mit besonderem NATO-Insiderwissen: "Montenegro ist ein kleines Land mit sehr aggressiven Menschen." Hui, das wird schnell brandgefährlich! Eine Polemik von Thomas Latschan.

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Kostümierte Neandertaler beim Rosenmontagsumzug in Mainz
Obacht! Der gemeine Montenegriner in seinem natürlichen LebensraumBild: picture-alliance/dpa/S. Neumann

Donald Trump hat es schon immer gesagt: Diese NATO ist obsolet. Wer da auch alles mit drinhängt: Diese Deutschen, die immer nur Schutz haben wollen, aber nicht dafür zahlen. Diese Briten, die es nicht einmal schaffen, die EU wegen des Brexits zu verklagen. Und dann noch diese wilden Bergvölkchen, die so mir nichts dir nichts einen Weltkrieg anzetteln könnten, wenn man nicht ganz genau aufpasst. Hochgefährlich sowas. Warum sollte man dafür seinen Hintern riskieren?

Donald Trump - geographisch stets hochinteressiert…

Nun hat sich Trump bei seinem Lieblingssender Fox News in Rage geredet. Der Moderator hatte ihn zuvor nach dem Sinn der Bündnisverpflichtung in der NATO gefragt: "Warum sollte mein Sohn etwa nach Montenegro gehen und es vor einem Angriff schützen?" Und Trumps Antwort war bemerkenswert: "Ja, Montenegro. Das ist ein winziges Land mit sehr starken Menschen. Sehr starken Menschen, und sehr aggressiven Menschen. Sie können sehr aggressiv werden - und Gratulation, schon steckst du im Dritten Weltkrieg."

Nun ist Trump schon öfter mit bemerkenswerten Kenntnissen über die Welt aufgefallen. "Belgien ist eine wunderbare Stadt mit tollen Gebäuden", wusste er schon im Präsidentschaftswahlkampf 2016 zu berichten – nachdem er Brüssel zuvor als "Höllenloch" bezeichnet hatte. Ein anderes Mal twitterte er: "Mann in Pariser Polizeistation erschossen: Deutschland ist ein komplett kriminelles Chaos." Als er einmal über Afrika referierte, erfand er kurzerhand ein Land namens "Nambia", dessen Gesundheitssystem sich auf dem Weg der Besserung befinde - anders als etwa in diesen ganzen "Drecklochstaaten", deren Namen man sich gar nicht erst merken muss.

Grenzgebiert Saudi Arabien Katar
Irgendwo hinter diesen Dünen müsste Nambia liegen. Viel Sand, aber ein tolles Gesundheitssystem...Bild: imago/H. Sobik

Unberechenbares Balkanvölkchen

Nun also hat es ihm Montenegro angetan. Man kann es sich richtig vorstellen, wie es in Donalds Gehirn langsam Gestalt annimmt: das Bild des wilden balkanesischen Bergvölkchens, das hinter Felsvorsprüngen auf seine Opfer lauert. Eisig kalt weht dort der Wind über die schroffen Gebirgszüge. "Monte Negro" - Schwarzer Berg, allein der Name klingt bedrohlich! Hier, wo schon Unzählige ihr Unglück fanden, leben sie - ein kleines, "aggressives" Volk. Unberechenbar, unzähmbar und bis an die Zähne bewaffnet. Eine Art heimtückische Guerillatruppe, die Mudschaheddin des Balkan, muskelbepackt, bis unter die Quaste ihres blutroten Fes vollgepumpt mit Testosteron und deshalb bereit, jeden zu überfallen, der es wagt, die unwirtlichen Gebirgspässe zu durchqueren.

Cover Karls May In den Schluchten des Balkan
Wie diese Montenegriner ticken, lässt sich in der einschlägigen Fachliteratur nachlesen. Für Trump natürlich auch als Hörbuch erhältlichBild: MARITIM

Und die sollen wir verteidigen?, fragt sich Donald Trump. Und zwar völlig zu Recht! "Schaut, was in Schweden passiert ist!", hatte er schon mal ausgerufen, um klarzumachen, wie dramatisch eine Situation eskalieren könnte. Zwar fragte sich die ganze Welt danach: "Äh, was genau ist denn in Schweden passiert?" Die Antwort darauf ist… - gar nicht so wichtig. Aber genau das gleiche könnte eben jetzt auch in Montenegro passieren, und das wäre dann ganz sicher verheerend.

Gleichung mit mehreren Unbekannten

Donald Trump treibt eben die Zukunft der NATO um. So wie uns Europäer auch. Aber anders als wir fragt er sich: Was sind das eigentlich für verrückte Völkchen, die wir da verteidigen müssen - ohne dass sie dafür angemessen bezahlen? "So ist das Ganze in der NATO halt aufgesetzt worden", sagt Trump dem verdutzten Fox-Moderator, "aber das war vor meiner Zeit. Und ich bin eben dahingegangen und habe gesagt: Ihr müsst zahlen! Das ist ja das Ding: Die zahlen noch nicht mal! Rechnen Sie das mal in Ihre Gleichung mit Montenegro mit ein!"

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Wild, unberechenbar, aber zahlungsunwillig. Hach, diese Montenegriner!Bild: picture-alliance/dpa/P. Steffen

Zu dieser Gleichung gehört übrigens auch, dass der sogenannte Bündnisfall in der Geschichte der NATO bislang erst ein einziges Mal ausgerufen wurde - nämlich nach den Anschlägen vom 11. September 2001. Damals wurden die Amerikaner angegriffen - und sie schlugen zurück: mit einem massiven Kampfeinsatz in Afghanistan. Ganz im Sinne Trumps wären wir daher versucht, zu sagen: "Die USA, das ist ein sehr großes Volk mit sehr starken Menschen. Sehr starken Menschen, und sehr aggressiven Menschen. Sie können sehr aggressiv werden - und Gratulation, schon steckst du in einer Militärintervention!" Aber keine Angst. So etwas würden wir natürlich nie tun. Denn schaut, was in Montenegro passiert ist!

Thomas Latschan Bonn 9558
Thomas Latschan Langjähriger Autor und Redakteur für Themen internationaler Politik