Tritt Westerwelle den Teil-Rückzug an?
2. April 2011Um Guido Westerwelle wird es einsam: Nach dem Fiasko bei den Landtagswahlen im Südwesten Deutschlands rücken immer mehr FDP-Landesverbände vom Bundesvorsitzenden der Freien Demokraten ab. Vor allem die Liberalen in Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz, Bayern, Hessen und Berlin dringen auf seinen Rückzug.
Auch die Fraktionschefin der FDP im Bundestag, Birgit Homburger, und Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger gingen offen auf Distanz. "Wir müssen alles auf den Prüfstand stellen, sowohl inhaltlich wie personell", sagte Homburger. Auch Leutheusser-Schnarrenberger betonte: Im Präsidium müsse am kommenden Montag "über alle Funktionen und Posten" geredet werden. Inzwischen ist der Druck aus der Partei so groß geworden, dass Westerwelle befürchten muss, auch sein Amt als Außenminister zu verlieren. Mitte Mai wird die FDP-Führung auf einem Parteitag in Rostock neu gewählt. Die neue Mannschaft soll die FDP dann bis in den Bundestagswahlkampf 2013 führen.
Noch keine Vorentscheidung?
Ein Vertrauter des Außenministers betonte, über Westerwelles Zukunft gebe es bisher "weder eine Entscheidung noch eine Vorentscheidung". Der Parteichef werde eine so wichtige Frage nicht auf seiner Asien-Reise klären. Nach Besuchen in China und Japan wird Westerwelle am Sonntag in Berlin zurückerwartet.
Hintergrund der neu entflammten Personaldebatte ist das schlechte Abschneiden der Liberalen bei den jüngsten Wahlen sowie in Umfragen. So war die FDP in Rheinland-Pfalz sogar unter der Fünf-Prozent-Hürde geblieben, womit sie nicht mehr im Landtag vertreten ist. In Baden-Württemberg schafften die Liberalen zwar den Sprung über die Hürde gerade noch, werden aber nicht mehr mitregieren. Nun haben im Stuttgarter Landtag Grüne und SPD gemeinsam eine Mehrheit, die bisherige schwarz-gelbe (CDU/FDP) Landesregierung muss abtreten.
Nicht mehr auf Augenhöhe?
Unmittelbar nach den Wahlniederlagen hatte Westerwelle einen Rücktritt abgelehnt. Der 49-Jährige, der die FDP seit zehn Jahren führt, hat sich bisher stets gegen die Trennung der Ämter von Parteichef und Außenminister ausgesprochen. Nur so könne er auf Augenhöhe mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) verhandeln, hatte Westerwelle argumentiert.
Laut "Politbarometer" des Zweiten Deutschen Fernsehens (ZDF) halten derzeit 79 Prozent der Bundesbürger die FDP für nicht glaubwürdig, nur 15 Prozent für eher glaubwürdig. Daher gehen die meisten Befragten (55 Prozent) nicht davon aus, dass Westerwelle nach dem FDP-Bundesparteitag im Mai noch Parteivorsitzender sein wird.
Rösler statt Westerwelle?
Als mögliche Nachfolger Westerwelles an der FDP-Spitze werden vor allem Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler und FDP-Generalsekretär Christian Lindner gehandelt. Ungewiss ist auch, ob Rainer Brüderle sein Amt als Bundeswirtschaftsminister behalten kann. Sollte Rösler Parteichef werden, könnte er auch Brüderles Ministerium beanspruchen, heißt es. Das besonders heikle Amt des Gesundheitsministers gilt allgemein als nicht mit dem Parteivorsitz vereinbar.
Im Bundeskanzleramt trifft die Personaldebatte auf Unbehagen. Erst Anfang März hatte Kanzlerin Angela Merkel nach dem Rücktritt von Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) das Kabinett neu ordnen müssen. "Die Kanzlerin sieht keine Veranlassung, sich eine Kabinettsumbildung zu wünschen", sagte Regierungssprecher Steffen Seibert.
Autor: Christian Walz (dpa, dapd, rtr)
Redaktion: Frank Wörner