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Treibhausgase? Wahlsieg!

Andreas Becker17. Mai 2002

Drei Monate vor dem UN-Weltgipfel in Johannesburg hat Bundeskanzler Gerhard Schröder eine Regierungserklärung zum Prinzip der Nachhaltigkeit (sustainability) abgegeben. Andreas Becker kommentiert.

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Das Wörtchen Nachhaltigkeit hat einen erstaunlichen Aufstieg erlebt. Vor etwas mehr als zehn Jahren war Nachhaltigkeit allenfalls Ökoaktivisten bekannt. Heutzutage gibt der deutsche Bundeskanzler zum Thema eine ganze Regierungserklärung ab. Es scheint, als ob der Begriff der Nachhaltigkeit nach einer langen Reise endlich angekommen ist - allerdings ist nicht ganz klar, wo.

Deutsche Wörterbücher wie der Duden ordnen das Wort vor allem der Holzwirtschaft zu: Die ist dann nachhaltig, wenn höchstens so viele Bäume gefällt werden, wie in derselben Zeit nachwachsen können. Von Bäumen aber sprach der Kanzler nicht in seiner Rede.

Spätestens seit dem UN-Weltgipfel in Rio de Janeiro 1992 steht Nachhaltigkeit in einem größeren Zusammenhang. Jetzt bezeichnet das Wort eine Entwicklung, bei der "die heutige Generation ihre Bedürfnisse befriedigen kann, ohne zukünftigen Generationen die Chance zu nehmen, ihre Bedürfnisse zu befriedigen." Mit anderen Worten: Wirtschaftliche Entwicklung und ein schonender Umgang mit der Natur schließen sich nicht aus.

In Rio hat sich Deutschland damals verpflichtet, die Vereinbarungen der Konferenz in nationale Politik umzusetzen. So gibt es das Ziel, die Kohlendioxid-Emissionen bis zum Jahr 2005 um 25 Prozent gegenüber dem Stand von 1990 zu senken. Bis 2020 sollen sogar 40 Prozent Kohlendioxid eingespart werden. Von Treibhausgasen aber sprach der Kanzler nicht in seiner Rede.

Wovon also sprach der Kanzler? Er sprach von den umweltpolitischen Erfolgen seiner Regierung: der Wende in der Energiepolitik, der Abkehr von der Atomenergie und der Einführung der Ökosteuer. Der effiziente Umgang mit Ressourcen und Energie werde weltweit zum einem Markenzeichen erfolgreicher Volkswirtschaften, glaubt Schröder, und natürlich sieht er Deutschland dabei international ganz vorne.

Wovon sprach der Kanzler noch? Er sprach von Steuerpolitik und der Konsolidierung der öffentlichen Haushalte, von der Angst vor Globalisierung und dem Erfolg der Rechtspopulisten in Frankreich und Holland, von internationaler Verantwortung und Militäreinsätzen. Und immer wieder sprach er von den Konzepten der Opposition, die er für falsch hält. Kurz: Er sprach, wovon ein Kanzler eben so spricht in Wahlkampf- zeiten.

Man dürfe, so Schöder, "den Begriff der Nachhaltigkeit nicht zu sehr einengen." Der Kanzler ist bereits einen Schritt weiter: Alles ist nachhaltig, alles ist voneinander abhängig, und wichtig ist die Wiederwahl.