Trauer um die Frau, die Donald Worte gab
26. April 2005Der Berliner Egmont-Ehapa-Verlag, der die deutschen Micky-Maus-Hefte herausgibt, verkündete am Montag (25.4.2005) den Tod der "Grande Dame des Comics". Dr. Erika Fuchs, die erste Chefredakteurin der deutschen "Micky Maus", starb am 22. April in München. Sie wurde 98 Jahre alt.
Grübel! Schnorch! Hust!
Generationen von Jugendlichen wuchsen mit der Fuchs-Sprache auf. Erika Fuchs schuf Ausdrücke wie "seufz", "zong", "grübel" oder "schnorch". Das von Wilhelm Busch geschaffene "Klickeradoms" etwa ist bei Donald das sehr spezielle Geräusch, das entsteht, wenn eine mit Glühbirnen und Flaschen gefüllte Blechwanne zu Boden geworfen wird. Auch Kultsprüche wie "Dem Ingeniör ist nichts zu schwör" stammen von der detailverliebten Erika Fuchs. Selbst für Schaufenster und Schilder im Hintergrund fielen ihr oft skurrile Beschriftungen ein.
Comic-Fans wissen, das die Fuchs-Texte keine reinen Übersetzungen, sondern oft Adaptionen gewesen sind. Im Gegensatz zum amerikanischen Original gab sie jeder Ente auch eine eigene Art zu sprechen. Donald etwa zitiert Klassiker als Ausgleich für sein lädiertes Ego, die Neffen plappern in nicht ganz vollständigen Kindersätzen und benutzen Teenager-Slang. Und Onkel Dagobert schwelgt wie sein Neffe Donald auch gern in Zitaten. Ganz so, wie alte, wohlerzogene Herren es eben machen.
Auch in Comics steckt Bildung
Mit ihrer Kreativität befreite Erika Fuchs die Comics von dem Ruf, den sie besonders in den 1950er Jahren noch hatten: mit bloßer Peng-Bumm-Zoink-Sprache die Leser zu verdummen. So legte sie beim Texten Wert auf korrekte Konjunktive, Genitive und Dative. "Man kann gar nicht gebildet genug sein, um Comics zu übersetzen", sagte Erika Fuchs über ihre Arbeit mit den kurzen Sprechblasentexten, zu der die promovierte Kunsthistorikerin kurz nach dem Krieg eher zufällig kam und bei der sie schließlich fast ein halbes Jahrhundert blieb. "Ich hatte noch nie zuvor ein Comic-Heft in der Hand gehabt", berichtete sie später.
37 Jahre lang Chefredakteurin
Ihre journalistische Karriere begann die Mecklenburgerin als freie Mitarbeiterin für die deutsche Ausgabe von "Reader's Digest" nach dem Zweiten Weltkrieg. Dann kam sie in die Gründungsredaktion der "Micky Maus", wo man ihr Übersetzungen anbot. Von der ersten Nummer 1951 bis 1988 blieb Fuchs die erste Chefredakteurin des Comic-Magazins.
Bis Anfang der siebziger Jahre übersetzte sie fast alle Disney-Geschichten; danach nur noch die des amerikanischen Disney-Zeichners und Onkel-Dagobert-Erfinders Carl Barks. Er und Fuchs galten unter den deutschen Fans als kongeniales Team. Obwohl die Übersetzerin im Alter immer mehr an Augenschwäche litt, übersetzte sie noch bis zuletzt die Klassiker aus dem Werk von Barks, den sie 1994 zum ersten Mal traf.
Erika Fuchs erhielt für ihre Arbeit viele Auszeichnungen - beispielsweise 1998 den Deutschen-Fantasy-Preis und 2001 den Sonderpreis des Heimito-von-Doderer-Literaturpreises.
Auch Zeichner Scarpa gestorben
Die Disney-Fans trauern auch um den Disney-Künstler Romano Scarpa, der über 50 Jahre lang als Comic-Zeichner für die Micky-Maus-Hefte arbeitete. Er starb am vergangenen Samstag in Spanien im Alter von 77 Jahren. Scarpa hatte die Disney-Heftchenwelt durch neue Schöpfungen wie Atömchen und Gitta Gans bereichert.(reh)