Tokio Hotel
4. April 2011Hysterische Teenie-Fans, Charterfolge und ausverkaufte Hallen. Und das nicht nur in Deutschland. Die vier Jungs von Tokio Hotel sind mittlerweile auch weltweit erfolgreich.
Seit ihrer Kindheit machen die beiden Zwillinge Bill und Tom Kaulitz zusammen Musik. Ihr Stiefvater förderte das Talent der beiden und ließ sie bereits im Alter von neun Jahren auftreten. Bei einem dieser Konzerte lernten die Kaulitz-Brüder auch ihre jetzigen Bandmitglieder und Freunde kennen. Unter dem Namen "Devilish" spielten sie in der lokalen Clubszene und bei Bandwettbewerben mit. Vor sieben Jahren begann dann die steile Karriere der Band. Nachdem Sänger Bill Kaulitz 2003 bei einem Casting-Wettbewerb mitgemacht hatte, wurde er von einem Musikproduzententeam entdeckt.
Erfolg nach Plan
Zwei Jahre lang arbeitete man mit Tokio Hotel im Studio am Debütalbum und verpasste ihnen Gesangs- und Instrumentalunterricht. Der Erfolg war vorprogrammiert, denn mit seinem androgynen Aussehen und den schrillen Klamotten war Bill Kaulitz dafür prädestiniert, von der Teenie-Zeitschrift Bravo ins rechte Licht gerückt zu werden. Von Anfang an berichtete das Münchener Magazin über jeden Schritt von Tokio Hotel. "Deutschlands neue Superstars" titulierte die Bravo – bevor überhaupt ein Song veröffentlicht worden war. Kein Wunder, dass die Debütsingle "Durch den Monsun" es auf Anhieb an die Spitze der Charts schaffte. "Wir hatten unglaubliches Glück", freute sich der damals 15-jährige Bill Kaulitz. "Es ist ja schwer, an die richtigen Leute zu geraten."
Glück und harte Arbeit – das ist das Erfolgsrezept des ostdeutschen Quartetts. Denn sie wurden von ihrem Management und ihrer Plattenfirma von einem Interview zum nächsten gescheucht. In den Jahren 2005 bis 2008 konnte kein Mensch in Deutschland an der Band vorbei. Ob er wollte oder nicht.
Protagonisten der Emo-Kultur
Selbst das eher kritische Nachrichtenmagazin "Stern" berichtete unter dem Titel "Nirvana für Teenies" in einer längeren Reportage über die Band. Vor allem Sänger Bill Kaulitz stand im Fokus des Medieninteresses; mit seinen angemalten Augenlidern, den zu Stacheln hoch toupierten Haaren, einem Zungenpiercing und coolen Klamotten verkörpert er das angehimmelte Idol der meist weiblichen Fans.
Gefühle zeigen zu harter Rockmusik - so könnte man Tokio Hotel musikalisch auf den Punkt bringen. Denn in der sogenannten "Emo-Kultur" ist es angesagt, seinen "Emos", also seinen Emotionen freien Lauf zu lassen. Vor allem die Texte treffen den Nerv der Mädchen. Sie handeln vom realen Leben, drehen sich um Wut, Liebe und Schmerz und sind zum Teil autobiographisch. Denn die Eltern der beiden Kaulitz-Brüder trennten sich, als sie noch Kinder waren.
Geliebt, gehasst und weltweit gefeiert
Viele Fans rufen auch viele Neider hervor. Entweder liebt man die Band abgöttisch oder lehnt sie konsequent ab. Comedians persiflierten den Look der Band, und im Internet tauchten immer wieder regelrechte Tokio Hotel-Hasskampagnen auf. 2006 wurde Bill Kaulitz in einer Fernsehsendung sogar zum "nervigsten Deutschen" gewählt. Trotzdem blieben Tokio Hotel weiterhin erfolgreich. Sie räumten sämtliche deutschen Musikpreise ab und begannen ihren Siegeszug im Ausland. In Frankreich sind Tokio Hotel inzwischen Megastars, in Südamerika haben sie eine große Fangemeinde, und selbst in den USA schaffte das Quartett mit den letzten beiden Alben den Sprung in die Top 40. Und in Israel unterschrieben 6000 Fans eine Petition, damit die Band ein Konzert in ihrem Land spielt – mit Erfolg.
Auch wenn die Magdeburger inzwischen ihre Alben teilweise in englischer Sprache aufnehmen, haben sie ihre Fans weltweit dazu gebracht, Deutsch zu lernen. In den letzten beiden Jahren ist es allerdings etwas ruhiger um Tokio Hotel geworden. Die Band engagierte sich für einige Benefizprojekte, und Sänger Bill Kaulitz lief für einen Designer über den Laufsteg der Mailänder Modewoche. Doch von Bandauflösung ist nicht die Rede, und da die Jungs auch musikalisch ihr Handwerk verstehen, ist ein Ende der Karriere bislang nicht in Sicht.
Autor: Ralf Kennel
Redaktion: Matthias Klaus