Mursi-Anhänger zum Tode verurteilt
8. September 2018Den 75 verurteilten Männern werde Aufruf zur Gewalt, Mord und die Organisation illegaler Proteste vorgeworfen, verlautete es aus Justizkreisen. Das Gericht fällte die Urteile bereits im Juli. Die Richter hatten jedoch noch die Meinung des Großmuftis eingeholt. Dessen Entscheidung ist zwar nicht bindend, wird aber in der Regel befolgt. Unter den aktuellen Verurteilten sind auch Anführer der Muslimbruderschaft. Der geistliche Führer Mohammed Badie wurde laut den Justizkreisen zu lebenslanger Haft verurteilt.
"Parodie einer Justiz"
Seit dem Sturz des ehemaligen ägyptischen Präsidenten Mohammed Mursi müssen sich 739 seiner Unterstützer vor Gericht verantworten. Bei dem Massenprozess gegen Mitglieder der islamistischen Muslimbruderschaft sind bereits unzählige Mursi-Anhänger zum Tode verurteilt worden.Amnesty International bezeichnete die Verhandlung als "groteske Parodie einer Justiz". Über die meisten Angeklagten fällten die Richter im Juli noch kein Urteil. Dies bedeutet nach Einschätzung von Beobachtern, dass die 75 Todesurteile vorerst die Einzigen in dem Prozess bleiben werden, weil nur sie die Zustimmung des Großmuftis benötigten. Die zum Tod durch den Strang Verurteilten können noch Berufung einlegen. Bislang wurde keine der Todesstrafen vollstreckt.
Im Juli 2013 wurde Mohammed Mursi, der selbst aus den Reihen der Muslimbrüder kommt, nach Massenprotesten gegen seine autoritäre Herrschaft vom Militär gestürzt. Der jetzige Präsident Abdel Fattah al-Sisi übernahm die Macht in dem nordafrikanischen Land. Mursi-Anhänger gingen auf die Straße. Ihre wochenlangen Massenproteste führten zu dem blutigsten Tag in der jüngeren Geschichte Ägyptens: Beim gewaltsamen Sturm der Protestcamps durch die Sicherheitskräfte starben mindestens 817 Menschen, schätzt Human Rights Watch - der Regierung zufolge auch 43 Polizisten. Die autoritäre Nachfolgeregierung al-Sisis verfolgt die Muslimbrüder seitdem als Terroristen.
Willkürliche Festnahme
Unter den übrigen Angeklagten sind auch andere Beschuldigte wie der Fotograf Mahmud Abu Seid. Der Journalist, bekannt unter dem Namen Schaukan, sitzt seit 2013 in Haft, als er von dem Massaker der ägyptischen Sicherheitskräfte in Kairo berichtete. Die UN bezeichnet seine Festnahme als willkürlich, seine Behandlung stehe im Widerspruch zu den Menschenrechten. Im April erhielt er den Journalistenpreis der UN-Kulturorganisation UNESCO.
pgr/sam (dpa)