Tibetisches Kloster weiter abgeriegelt
12. Mai 2011Knapp zwei Monate ist es her, dass sich der tibetische Mönch Phuntsog aus dem Kloster Kirti in der chinesischen Provinz Sichuan aus Protest gegen die chinesische Regierung selbst verbrannt hat. Seitdem nehmen die Spannungen zwischen der tibetischen Bevölkerung vor Ort und den chinesischen Sicherheitskräften zu. Anwohner berichteten, dass die Behörden ein "unsichtbares Kriegsrecht" verhängt hätten, sagt Kai Müller, Geschäftsführer der 'International Campaign for Tibet' (ICT). Es gäbe ein massives Aufgebot an Sicherheitskräften. Die etwa 2000 Mönche im Kloster würden mit Kameras überwacht, so Müller. "Im Kloster werden erneut sogenannte patriotische Erziehungsmaßnahmen durchgeführt." Die Mönche würden im Rahmen dieser Maßnahmen dazu gezwungen, den Dalai Lama oder die tibetische Exilregierung zu diskreditieren. Regelmäßig würden die Behörden die Quartiere der Mönche durchsuchen.
Tibetische Schüler im Hungerstreik
Das Gebiet um den Kreis Ngaba, in dem das Kloster liegt, wurde von den Behörden abgeriegelt. Nach Informationen der 'International Campaign for Tibet' ist die Lage vor Ort extrem angespannt. Das Mobilfunknetz in dem Gebiet sei heruntergefahren worden, Straßen seien gesperrt. Und den Menschen sei es verboten, sich zu versammeln. Ende April sollen zwei Tibeter ums Leben gekommen sein. Die beiden Männer hatten sich den chinesischen Sicherheitskräften entgegen gestellt, als diese 300 Mönche aus dem Kloster verschleppten. Nach Angaben aus der Bevölkerung soll einer der beiden an einem Herzinfarkt infolge seiner Verletzungen gestorben sein.
In einer Schule im benachbarten Kreis Barkham hatten die Schüler kurz nach der Selbstverbrennung des Mönchs Phuntsog im März dieses Jahres aus Solidarität einen Hungerstreik begonnen. Die Schüler würden seitdem im Schulgebäude festgehalten, berichtet Kai Müller. "Bereits um den 22. April herum haben die Behörden die Schüler durchsucht und alle Bücher und Unterlagen, die nicht offiziell genehmigt wurden, konfisziert und verbrannt."
Gefängnisstrafen für Mönche
Die chinesischen Behörden haben zudem zwei Mönche des Klosters vor Gericht gestellt. Sie wurden in der vergangenen Woche zu jeweils drei Jahren Haft verurteilt. Was ihnen vorgeworfen wird, ist unbekannt. 25 Menschen sind nach Informationen der ICT seit den Vorfällen Ende April verschwunden. Die 'International Campaign for Tibet' erhält die Informationen jeweils vom Schwesterkloster Kirtis in Dharamsala, das in engem Kontakt zur Region Ngaba steht. Eine Mitarbeiterin der Lokalregierung des Kreises Ngaba sagte, sie wisse nichts von den Verurteilungen der beiden Mönche. Alle weiteren Vorwürfe seien falsch. "Nichts entspricht der Wahrheit. Ausländische Organisationen verbreiten mit Absicht solche Gerüchte. Die Situation ist nicht im Geringsten so, wie es in Ihrer Information beschrieben wird."
Damit widerspricht die Lokalregierung in Ngaba dem Sprecher des chinesischen Außenministeriums, Hong Lei. Dieser hatte bereits Ende April zugegeben, dass es im Kloster Kirti zu schweren Zwischenfällen gekommen sei. "Einige wenige Mönche haben schon längere Zeit die soziale Ordnung schwer gestört", so der Sprecher. Die Regierung des Kreises Ngaba habe das Kloster einer - wörtlich - "kollektiven Rechtserziehung" unterzogen.
Bundesregierung äußert Sorge über die Situation
In einer Fragestunde am Mittwoch (11.05.) im Bundestag forderte der menschenrechtspolitische Sprecher der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, Volker Beck, die Bundesregierung zu einer Stellungnahme zu den Vorfällen im Kloster Kirti auf. In dieser Stellungnahme der Bundesregierung heißt es, man habe "sowohl gegenüber der Chinesischen Botschaft in Berlin, als auch gegenüber den zuständigen Behörden der Provinz Sichuan die Sorge über diese Situation geäußert und sich für Deeskalation und Transparenz eingesetzt." In Abstimmung mit anderen EU-Staaten habe die Bundesregierung die Initiative für eine entsprechende EU-Reaktion ergriffen.
Autor: Christoph Ricking
Redaktion: Ana Lehmann