Thomas Mann und die Kunst
Der Schriftsteller Thomas Mann hat sich zeitlebens für die bildende Kunst begeistert. Eine Doppel-Ausstellung in Lübeck gibt nun einen Einblick in die Bildwelten des Autors, der später selbst zum Kunstobjekt wurde.
Schriftsteller und Kunstliebhaber
Er gehört zu den berühmtesten deutschen Schriftstellern des vergangenen Jahrhunderts: Nobelpreisträger Thomas Mann (1875-1955). Außerdem war er ein Kunstliebhaber, der gerne Ausstellungen besuchte und mit Künstlern und Kunstkennern befreundet war. Die bildende Kunst inspirierte ihn und beeinflusste sein literarisches Schaffen. Max Oppenheimer hat ihn 1926 porträtiert.
Steckenpferd Moderne Kunst
Thomas Mann begeisterte sich besonders für die Kunst der Moderne: Er verfolgte genau, was etwa die Maler Hans Thoma, Ludwig von Hofmann, Arnold Böcklin, Max Liebermann, Max Oppenheimer, Oskar Kokoschka oder Emil Nolde produzierten. Letzterer malte den hier gezeigten "Einzug in Jerusalem" (1915).
Der Künstler-Förderer
Der Schriftsteller betrachtete nicht nur ihre Werke mit Genuss - Mann suchte auch den Kontakt zu zeitgenössischen Künstlern. Er förderte sie, indem er ihnen Essays widmete. Für Publikationen des Holzschneiders Frans Masereel, dessen Holzschnitt "Selbstporträt" (1926) im Bild zu sehen ist, schrieb Thomas Mann das Vorwort. Die Werke des Fotografen Albert Renger-Patzsch würdigte er mit Rezensionen.
Aufsätze über Kunst und Gesellschaft
Der große Erzähler und Romancier schrieb zahlreiche Abhandlungen über Kunst, Künstler (wie Ernst Barlach, der 1907 die "Russische Bettlerin I" schuf), ihr Selbstverständnis und die Rolle der Kunst in der Gesellschaft. Auch das Selbstverständnis von Künstlern anderer Epochen faszinierte ihn: er beschäftigte sich beispielsweise mit den Renaissance-Künstlern Michelangelo und Albrecht Dürer.
Eine besondere Aura
Kunstwerke, vor allem Originale, übten eine besondere Anziehungskraft auf den Schriftsteller aus. Das galt auch für das Ölgemälde "Die Quelle" (um 1913) von Ludwig von Hofmann, das Thomas Mann 1914 kaufte und anschließend in seinem Arbeitszimmer aufhängte. Auch andere Bilder von Hofmanns beeinflussten den Autor nachhaltig - vor allem bei der Arbeit zu seinem Roman "Der Zauberberg".
Ein Foto wird real
Das Gemälde "Kinderkarneval" (1888/89) vom Münchner Maler Friedrich August Kaulbach war seinerzeit recht populär. Es war in vielen Zeitschriften abgedruckt und auf Servietten und Geschirr zu finden. Auch Thomas Mann kannte und liebte das Bild. Erst später erfuhr er, dass darauf seine spätere Ehefrau Katia Pringsheim und ihre Brüder zu sehen sind.
Kunstwerke als Inspirationsquelle
Häufig nutzte Thomas Mann Kunstwerke, um Figuren, Orte oder Stimmungen literarisch darzustellen. In "Buddenbrooks" wird ein Aussichtspunkt beschrieben, an dem sich Tony Buddenbrook mit Morten trifft. Den Brodtener Seetempel gab es wirklich, er wurde jedoch 1872 durch eine Sturmflut zerstört. Mann orientierte sich an einer Lithographie eines unbekannten Künstlers, die um 1870 entstanden ist.
"Es kann nicht so ganz schlecht sein"
Im Jahr 1900 sah Thomas Mann auf der Secessionsausstellung in München Martin Brandenburgs Gemälde "Das Herz". Seinem Freund, dem Kunsthistoriker Paul Ehrenberg, schrieb er daraufhin: "Das Bild hat großen Eindruck auf mich gemacht, woraus wohl ohne Weiteres folgt, daß es malerisch nicht fünf Pfennige werth ist. Aber es kann nicht so ganz schlecht sein." Heute ist das Bild verschollen.
Kunstobjekt Thomas Mann
Thomas Mann wurde noch zu Lebzeiten selbst zum Kunstobjekt. Zahlreiche Portraits und Karikaturen belegen dies. Hinzu kommen die Illustrationen seiner Texte durch namhafte Grafiker wie Alfred Kubin oder Emil Preetorius. Der Bildhauer Hans Schwegerle, der ebenso wie Thomas Mann aus Lübeck stammt, fertigte 1919 diese Bronze-Skulptur des Schriftstellers an.
Kunst durch des Autors Augen sehen
Die Doppel-Ausstellung "Augen auf! Thomas Mann und die bildende Kunst" ist noch bis zum 6. Januar 2015 im Museum Behnhaus Drägerhaus und im Buddenbrookhaus in Lübeck zu sehen. Gezeigt werden Kunstwerke, die Thomas Mann kannte und schätzte, sowie Illustrationen zu seinen Texten.