„The 77 percent“ – Im Dialog mit Afrikas Jugend
4. Dezember 2017Die TV-Reihe „The 77 percent on tour“ wird präsentiert von Edith Kimani.
Laut Weltbank sind 77 Prozent der Bevölkerung Subsahara-Afrikas jünger als 35 Jahre. Im Jahr 2050 werden demnach rund 1,8 Milliarden junge Afrikanerinnen und Afrikaner eine Perspektive brauchen – und verlangen. Sie gehen zur Schule, studieren, suchen Jobs. Sie wollen heiraten, Verantwortung übernehmen. Sie vernetzen sich auf Facebook, Twitter, Whatsapp und Instagram und stellen fest: Wir sind die Dreiviertelmehrheit, aber haben kaum etwas zu sagen. Unsere Sorgen, Ängste werden nicht gehört. Unsere Politiker nehmen uns nicht ernst genug.
Viele junge Leute treibt es mit wilden Träumen und unrealistischen Sehnsüchten nach Europa oder Südafrika, oft unter großen Gefahren und auf irregulären Routen. In vielen Sendungen, Magazinen und Social-Media-Debatten – auch auf Veranstaltungen vor Ort – hat die DW die Sorgen und Hoffnungen junger Leute aufgegriffen.
„Das Format ‚The 77 percent‘ soll für diesen Dialog ab sofort eine medienübergreifende Adresse sein“, erklärt Claus Stäcker, Leiter der Afrikaprogramme der DW. In den vergangenen 13 Monaten hat die DW mit afrikanischen Partnersendern zum Thema Migration Townhall-Debatten in acht westafrikanischen Metropolen durchgeführt – in Abidjan, Accra, Bamako, Banjul, Conakry, Dakar, Jos und Niamey. Stäcker: „Das öffentliche Interesse und das Medienecho waren enorm, der Informations- und Diskussionsbedarf der jungen Leute riesig. Daran wollen wir anknüpfen.“
„Entdeckungsreise durch meinen eigenen Kontinent“
So dreht die Reporterin und Moderatorin Edith Kimani derzeit in Ghana und ihrem Heimatland Kenia mit Jugendlichen. Kimani, die in den Sozialen Netzen selbst mehr als 300.000 Follower hat, ist Feuer und Flamme für das Projekt: „Bisher schien sich Afrika selbst kaum zu kennen, aber dank der Sozialen Medien finden immer mehr junge Afrikaner zueinander. Diese Entdeckungsreise durch meinen eigenen Kontinent ist für mich etwas Herausragendes. Ich fühle mich heimisch jenseits von Ländergrenzen und entdecke, was es heißt, jung, stolz, afrikanisch zu sein.“
Zum Auftakt des vom Auswärtigen Amt geförderten Projekts diskutierten junge Leute auf Amharisch, Englisch, Französisch, Haussa, Kisuaheli und Portugiesisch über die aktuelle Politikergeneration. Simbabwes Präsident Robert Mugabe trat mit 93 ab, sein Nachfolger ist 75. Das entspricht dem Altersdurchschnitt der afrikanischen Präsidenten, viele sind seit Jahrzehnten an der Macht. Repräsentieren sie die Jugend angemessen?
Bis zum offiziellen Launch gingen bei den Afrika-Redaktionen bereits über 3.000 Reaktionen ein. „Bei uns dürfen Jugendliche nicht einmal ihre Meinung sagen. Wenn sie auf die Straße gehen, riskieren sie, verhaftet und getötet zu werden“, schrieb zum Beispiel die Äthiopierin Meseret. „Sie können uns nicht repräsentieren, das ist bewiesen: Korruption, Diebstahl, ihr Geld und ihre Reichtümer in Europa und dazu unwürdige Verträge mit dem Westen – eine totale Unehrlichkeit“, so Richard Yehouenou aus Benin. Einige argumentierten, gute Interessenvertretung sei keine Frage des Alters, andere fordern dazu auf, aktiv zu werden: „Kämpft für eure Rechte, anstatt wie Feiglinge auszuwandern und merkwürdige Jobs zu machen oder als Sklaven verkauft zu werden“, schrieb Pinchers Badu aus Ghana.
„Die Reaktionen zeigen, dass die junge Generation immer nachdrücklicher Zukunftsperspektiven von ihren Führungen einfordert und auf Unterstützung des Westens hofft“, so Claus Stäcker.
Im Radio hatte das Projekt bereits am Samstag, 2. Dezember, Premiere: Die erste Ausgabe der neuen wöchentliche Debattensendung für das frankophone Afrika ging on air: „77 pourcent – nous les jeunes d’Afrique“. Anfang Januar startet die DW die englische Jugendsendung „The 77 percent“.
„Afrikas Mehrheit zuhören. Und ihr eine Plattform geben“
Zum Projekt „The 77 percent“ gehören praktische Tipps, beispielhafte Ideen, harte Fragen an die Politik. Geplant sind Reportagen, Cartoons und Satire-Videos. Eingebettet wird die Social-Media-Show „WhatElse?“. Sie widmet sich afrikanischen Themen, die es nicht in die globalen Schlagzeilen schaffen. Edith Kimani wird vor Ort brennende Fragen aufgreifen und mit Jugendlichen diskutieren. „Wir wollen Afrikas Mehrheit zuhören. Und ihr eine Plattform geben“, das sei das Ziel des Projekts, so Stäcker.
Viele Menschen in Subsahara-Afrika kennen die Deutsche Welle seit fünf Jahrzehnten als Radioangebot. Fast 40 Millionen Afrikaner schalten jede Woche eines der DW-Programme für den Kontinent ein, über vier Millionen Nutzer folgen der DW auf Facebook.