Texte von und über Werner Herzog
5. November 2012Von all den Regisseuren des ehemals Neuen Deutschen Films dürfte Werner Herzog heute der international anerkannteste sein. Das hat vor allem auch mit der Tatsache zu tun, dass er sich in den letzten Jahren erstaunlicherweise in Hollywood hat durchsetzen können. Vor kurzem ist Werner Herzog 70 Jahre alt geworden. Aus diesem Anlass sind jetzt zwei Bücher erschienen, die Gelegenheit geben, sich mit dem umtriebigen Filmemacher auseinanderzusetzen.
Der Filmjournalist Moritz Holfelder hat die erste Biografie über den Regisseur vorgelegt, auch Herzogs Text aus dem Jahre 1978 "Vom Gehen im Eis" liegt wieder vor. Hohlfelder musste auf die Hilfe des Regisseurs beim Verfassen seines Buches verzichten. Der Filmemacher hatte sich jegliche Feierlichkeiten zu seinem runden Geburtstag verbeten. Das hat dem Buch nicht geschadet. Hohlfelder zeichnet den Lebensweg Werner Herzogs aus sehr persönlicher Sicht und mit einem eigenen Blick auf die Filme des Regisseurs nach.
Legenden um einen Regisseur
Besonderen Wert hat Holfelder auch auf die Beschreibung der Persönlichkeit des in München geborenen und in Bayern aufgewachsenen Filmemachers gelegt. "Als Meister der Legendenbildung und Selbststilisierung" bezeichnet der Autor den Regisseur an einer Stelle und belegt das mit einigen Anekdoten. Besonders originell ist beispielsweise die Szene, in der Herzog während eines Interviews in Hollywood angeschossen wird, dies selbst eher beiläufig bemerkt und anschließend cool herunterspielt. Es überrasche ihn einfach nicht, wenn er angeschossen werde, teilte er damals dem völlig verdutzten BBC-Reporter mit.
Herzog, der sich in den letzten Jahren nicht zuletzt aufgrund solcher Vorkommnisse auch in den USA eine treue Fangemeinde erschlossen hat, tritt bei Holfelder als genialischer Filmemacher und origineller wie eigenständiger Querkopf auf. Das ist flüssig und ohne den Duktus des eingeweihten Cineasten geschrieben. Erstaunlich, dass erst jetzt eine Biografie über Werner Herzog vorliegt. Dass dieser Regisseur auch schon vor 40 Jahren dazu neigte sein Leben auf unorthodoxe Art und Weise zu gestalten, zeigt auch sein Tagebuch "Vom Gehen im Eis", das lange vergriffen war und nun vom Hanser-Verlag neu aufgelegt wurde.
Legendärer Fußmarsch
Die von Herzog verehrte Filmkritikerin Lotte Eisner war 1974 schwer erkrankt. In München brach der Regisseur daraufhin zu Fuß nach Paris auf um die große alte Dame der deutschen Filmpublizistik aufzusuchen. "Wir dürfen den Tod (Lotte Eisners) nicht zulassen", schrieb Herzog damals und weiter: "Ich nahm eine Jacke, einen Kompass und einen Matchsack mit dem Nötigsten. Ich ging auf dem geradesten Weg nach Paris, in dem sicheren Glauben, sie werde am Leben bleiben, wenn ich zu Fuß käme. Außerdem wollte ich alleine mit mir sein."
Das Tagebuch von der Reise, dass Herzog einige Jahre später veröffentlichte, ist noch heute vor allem eines: ein Stück große Literatur, ein ebenso eindrucksvoller wie dicht geschriebener Reisebericht, wie ein Text eines Künstlers, der sowohl die eigene Person als auch die Welt ständig hinterfragt. "Vom Gehen im Eis" ist unbedingt lesenwert - auch für Nicht-Cineasten.
Moritz Holfelder: Werner Herzog, Die Biografie, Langen Müller 2012, 288 Seiten, zahlreiche Fotos, ISBN 978 3 7844 3303 5; Werner Herzog: Vom gehen im Eis, München-Paris, Hanser Verlag 2012, 112 Seiten, ISBN 978 3 446 24059 9.