Tet Offensive: Militärisches Desaster - Politischer Sieg
Heute vor 50 Jahren brach in Vietnam die Hölle los. 80.000 Kommunisten griffen den Süden und dessen US-amerikanischen Verbündeten an allen Fronten an. Für die USA war es der Anfang vom Ende ihres Vietnam-Abenteuers.
Angriff zu Neumond
Die Offensive erfolgte zum vietnamesischen Neujahrsfest. Wie in den vergangenen Kriegsjahren wollten beide Kriegsparteien während der höchsten Feiertage die Waffen schweigen lassen. Drei Monate vor der Offensive hatte Nordvietnam das noch bestätigt. Doch vom 30. auf den 31. Januar 1968 griffen kommunistische Truppen fast alle Groß- und Provinzhauptstädte des Südens an.
Abnutzungskrieg ohne Ende
Der zweite Indochina-Krieg, der in Vietnam "Amerikanischer Krieg" genannt wird, tobte zur Tet-Offensive bereits 13 Jahre, ohne dass sich eine Entscheidung abgezeichnet hatte. Weder die Millionen Tonnen Bomben, noch 500.000 US-Soldaten hatten im Bürgerkrieg den Sieg des Südens herbeizwingen können. Die US-Strategie, mehr Gegner zu töten als ersetzt werden können, war nicht aufgegangen.
Ins Herz des Gegners
Der damalige Generalsekretär der Kommunistischen Partei Vietnams, Le Duan, hatte die Offensive befohlen - gegen den Rat einiger führender Generäle -, um eine Entscheidung zu erzwingen. Eine Kommandoeinheit des Vietcong drang dabei auf das amerikanische Botschaftsgelände in Saigon vor. Sie tötete fünf Amerikaner, konnte das Hauptgebäude aber nicht stürmen.
Fehleinschätzung
Le Duan ging davon aus, dass sich mit der Offensive das südvietnamesische Volk erheben und das verhasste "Marionettenregime" des Südens und die "amerikanischen Imperialisten" ins Meer werfen würde. Doch er hatte sich verkalkuliert. Die kriegsmüde Bevölkerung wartete ab. Bald hatten sich die anfangs überraschten Südvietnamesen und ihre amerikanischen Verbündeten neu formiert.
Militärische Niederlage
Binnen weniger Tage wurde der Angriff fast überall zurückgeschlagen. Schätzungen zufolge starben während der Offensive 17.000 Soldaten der nordvietnamesischen Volksbefreiungsarmee und der südvietnamesischen Kommunisten, 20.000 wurden verwundet.
Die Zitadelle von Hue
Nur in der Zitadelle der zentralvietnamesischen Stadt Hue setzten sich die kommunistischen Truppen fest. Bei Eroberung der Stadt ermordeten sie etwa 2800 Zivilisten, denen sie vorwarfen, mit dem südvietnamesischen Regime zu kooperieren. Der anschließende Kampf dauerte 25 Tage. Aus rein militärischer Sicht war die Tet-Offensive ein Desaster für die Kommunisten.
Tödlichste Offensive des Vietnamkriegs
Auf amerikanischer Seite forderte die Tet-Offensive in der Anfangsphase bereits mehr als 1000 Tote. Die Namen der Toten sind wie die aller anderen amerikanischen Gefallenen des Krieges auf dem "Vietnam Veterans Memorial" in Washington D.C. verewigt.
Ein Foto schockiert die US-Öffentlichkeit
Die Offensive erhielt breiten Raum in den amerikanischen Medien und führte der Bevölkerung die ganze Brutalität des Krieges vor Augen. Sinnbild dafür wurde das Foto von Edward Adams. Noch während der Offensive erschoss der Polizeigeneral Nguyen Ngoc Loan einen Offizier der Viet Cong auf offener Straße in Saigon.
Das Lügengespinst zerreißt
Präsident Johnson hatte, wie seine Vorgänger, die Amerikaner weitgehend im Dunkeln über die Lage in Vietnam gelassen. Es war von Fortschritten und baldigem Ende des Krieges die Rede. Die Tet-Offensive bewies das Gegenteil. Für viele Amerikaner ging es nach Tet nicht mehr um Sieg oder Niederlage, sondern nur noch darum, das sinnlose Schlachten zu beenden.
Sieben weitere sinnlose Jahre des Krieges
Johnson kandidierte nicht erneut. Vietnam hatte ihn, wie er selbst sagte, erledigt. Sein Nachfolger Nixon eskalierte den Bombenkrieg und setzte auf die "Vietnamisierung", also den vermehrten Einsatz südvietnamesischer Soldaten. Aber auch Nixon konnte die Niederlage nur herauszögern. Sieben Jahre dauerte der Krieg noch, bevor im April 1975 die letzten Amerikaner Vietnam fluchtartig verließen.