Terrorzelle agierte nicht in Sozialen Netzwerken
24. August 2017Experten sind sich einig: Die spanische Terrorzelle von Ripoll kommunizierte ausschließlich offline und war sektenähnlich organisiert. Weil Terrorfahnder weltweit das Internet nach potenziellen Attentätern durchforsten, habe die Gruppe keine Handys benutzt und soziale Netzwerke vermieden. Aus diesen Gründen wurden die Islamisten von der spanischen Polizei laut Experten lange Zeit nicht entdeckt. Als in der vergangenen Woche eine große Explosion ein Haus in Alcanar komplett zerstörte, stellten die Beamten keine Verbindung zu einer möglichen terroristischen Vereinigung her. Doch dort in diesem Haus wollten die späteren Attentäter offenbar Bomben bauen. Erst nach den verheerenden Anschlägen am Tag danach von Barcelona und Cambrils mit 15 Todesopfern und mehr als 120 Verletzten wurde das gesamte Ausmaß des Netzwerks bekannt.
Die Gruppe agierte nach Meinung von Experten in einem geschlossenen Kreis, und es wurde alles unternommen, damit nichts nach außen dringt, sagt der ehemalige französische Geheimdienstmitarbeiter Alain Rodier. "Es ist ein altes Modell, Menschen kennen sich und es gibt einen Guru, der ihre Entwicklung begleitet." Die meisten Mitglieder der Terrorzelle stammten aus dem kleinen Ort Ripoll in Katalonien. Allein vier Brüderpaare waren unter ihnen. So konnte die Gruppe besonders verschwiegen agieren und sich der Loyalität untereinander sicher sein. "Man verrät nicht seinen Bruder", hebt Rodier hervor. Eine zentrale Figur habe die jungen Männer vereint und sie islamistisch ideologisiert - und diese Führungsfigur sei Imam Abdelbaki Es Satty gewesen. Er kam bei der wohl aus Versehen ausgelösten Explosion in dem Haus in Alcanar ums Leben.
Imam als ungefährlich eingestuft
Doch der mutmaßliche Kopf der Gruppe, der 45-jährige Imam, war den Behörden bekannt. Eine Moschee in Diegem bei Brüssel hatte sich Ende 2016 geweigert, Es Satty anzustellen, weil er "zu extrem" war und zu stark der Gewalt in seinen Predigten zuneigte, wie der Bürgermeister der Stadt berichtete. Und in Spanien war der Imam zeitweise im Gefängnis, offenbar wegen Drogendelikten.
Es Satty stammt ursprünglich aus Marokko. Seine geplante Abschiebung aus Spanien im März 2015 stoppte ein Richter. Er hatte zum Zeitpunkt seiner geplanten Abschiebung gerade eine vierjährige Haftstrafe wegen Drogenhandels verbüßt. Dieses Delikt habe aber "keine Bedrohung für die öffentliche Ordnung oder die Sicherheit der Bürger" dargestellt, entschied der zuständige Richter. Der Imam des katalanischen Ortes Ripoll sei um "eine Integration in die spanische Gesellschaft bemüht" und "arbeitsmäßig in Spanien verwurzelt" gewesen, zitierte die spanische Zeitung "El Periódico" Gerichtsunterlagen. Es gebe keine Hinweise auf terroristische Aktivitäten, entschied das Gericht und annullierte die Abschiebungsanordnung.
Letztes Mitglied identifiziert
Derweil hat die spanische Polizei nun auch das letzte Mitglied der katalanischen Terrorzelle identifiziert. Experten hätten mittels DNA-Proben auch die Identität der zweiten Leiche bestimmt, die in dem in Alcanar südlich von Barcelona explodierten Haus gefunden worden war, teilte die Polizei auf Twitter mit. Laut spanischer Medien wurde der zweite Tote als Youssef Aalla identifiziert. Er sei der Bruder eines in Cambrils von der Polizei erschossenen Terroristen und zudem Bruder eines der vier festgenommenen Verdächtigen, schrieb „La Vanguardia". Die Polizei geht von einer zwölfköpfigen Terrorzelle aus. Davon sind acht tot, vier wurden gefasst und waren am Dienstag dem Ermittlungsrichter vorgeführt worden. Unterdessen wurden zwei der Verdächtigen wieder - auch gegen Zahlung einer Kaution - freigelassen.
pab/qu (afp, dpa, rtr)