Terrorangst nach fehlgeschlagenem Anschlag
27. Dezember 2009Mit längeren Wartezeiten vor Flugbeginn müssen vor allem Reisende rechnen, deren Ziel innerhalb der USA liegt. Die Maßnahmen seien absichtlich so gestaltet, dass sie nicht vorhersehbar seien, teilte US-Heimatschutzministerin Janet Napolitano mit. Reisende sollten für das Einchecken deshalb mehr Zeit mitbringen als bisher gewohnt.
"Erhöhte Bedrohungslage"
Auch die deutsche Bundespolizei passt die Sicherheitsmaßnahmen für den Luftverkehr an. Angesichts einer "abstrakt erhöhten Bedrohungslage" würden die ohnehin hohen Sicherheitsstandards durch zielgerichtete Kontrollen ergänzt, erklärte das Bundespolizeipräsidium in Potsdam. Betroffen seien allerdings nicht alle Flüge.
Die EU-Kommission untersucht, ob alle Sicherheitsregeln in Europa eingehalten wurden. Das betroffene Flugzeug der Gesellschaft "Delta" war in Amsterdam gestartet. Er sei über die versuchte Terrorattacke am ersten Weihnachtstag entsetzt, erklärte EU-Innen- und Justizkommissar Jacques Barrot.
Niederländische Parlamentarier forderten eine lückenlose Aufklärung der Umstände. Das Justizministerium müsse aufklären, wie am Airport Schiphol explosionsfähiges Material an Bord eines Flugzeugs gelangen konnte. Der Ruf des Amsterdamer Flughafens als zuverlässiges internationales Luftdrehkreuz stehe auf dem Spiel, meinte ein Abgeordneter der in den Niederlanden regierenden Sozialdemokraten.
Schnelle Anklage
Gegen den Nigerianer, der am Freitag einen Sprengsatz an Bord einer Maschine der Gesellschaft "Delta" (Northwest Airlines-Flug NW 253) zünden wollte, wurde inzwischen offiziell Anklage erhoben. "Hätte dieser Plan, das Flugzeug zu zerstören, Erfolg gehabt, wären Dutzende von unschuldigen Menschen getötet oder verletzt worden", sagte US-Justizminister Eric Holder. Der Vorfall zeige, "dass wir im Kampf gegen den Terror zu jeder Zeit wachsam sein müssen."
Ein US-Regierungsbeamter sagte dem Fernsehsender CNN, es gebe keine konkreten Hinweise darauf, dass der beschuldigte Umar Faruk Abdulmutallab eine feste Verbindung zum Terrornetzwerk El Kaida habe. Er selbst hatte nach seiner Festnahme behauptet, Kontakte zu islamischen Extremisten zu unterhalten und den Sprengsatz "im Jemen erhalten zu haben, zusammen mit Anweisungen, wie er zu benutzen ist". Nach ersten Verhören sehe es jedoch nach einem Einzeltäter aus, so offizielle Quellen.
Abdulmutallab trug den hochexplosiven Sprengstoff PETN an seinem Körper. Vor dem geplanten Anschlag hatte er sich 20 Minuten auf der Bordtoilette aufgehalten, berichteten Zeugen. Nach der Rückkehr zu seinem Sitzplatz habe er eine Decke über sich ausgebreitet, wenig später hätten Mitreisende Knallgeräusche wie von Feuerwerkskörpern gehört. Die Hosenbeine des Mannes und die Innenwand des Flugzeuges fingen Feuer. Der Nigerianer konnte schließlich von anderen Passagieren und Crewmitgliedern überwältigt werden.
Spur führt nach Europa
Die britische Polizei ging Spuren des mutmaßlichen Täters in London nach. Abdulmutallab hatte zwischen 2005 und 2008 am University College Maschinenbau studiert. Scotland Yard befragte Personen aus dem Umfeld des Verdächtigen und durchsuchte mehrere Häuser, darunter auch eine Wohnung, in der er während des Studiums lebte. Premierminister Gordon Brown sprach von einer "ernsthaften möglichen Bedrohung".
Auch Nigerias Informationsministerin Dora Akunyili verurteilte den versuchten Anschlag. Die Regierung habe ihre eigenen Ermittlungen eingeleitet und wolle mit den US-Behörden kooperieren. Abdulmutallab ist der Sohn des früheren nigerianischen Ministers und Bankenchefs Alhaji Umaru Mutallab, wie dieser bestätigte. Der Ex-Minister soll sich bereits im November selbst bei der US-Botschaft in Abuja gemeldet und sich besorgt über seinen Sohn geäußert haben.
Vorbild "Turnschuhbomber"?
Bereits zu Weihnachten 2001 hatte der später als "Turnschuhbomber" bekanntgewordene Brite Richard Reid auf einem Flug von Paris nach Miami versucht, einen Sprengsatz zu zünden. Dieser war damals in einem seiner Schuhe versteckt. Auch Reid wurde von der Flugzeugbesatzung und Passagieren überwältigt. Im Januar 2003 verurteilte ihn ein amerikanisches Gericht zu lebenslanger Haft.
Autor: Christian Walz (dpa, rtr, afp, apd)
Redaktion: Hans Ziegler