Proteste gegen geplantes Internetgesetz
10. März 2019In Russland haben Tausende Menschen für ein freies Internet demonstriert. Aktivisten in Moskau sprachen von rund 15.000 Teilnehmern, die Polizei zählte 6500. Auch in einigen anderen Städten gingen Menschen auf die Straße.
Die Proteste richteten sich gegen einen Gesetzentwurf, wonach russische Datenströme künftig nicht mehr über Server im Ausland fließen sollen. Befürworter argumentieren, damit sei im Falle eines großen Cyberangriffs durch ein anderes Land das Internet in Russland unabhängig und sicher. Gegner sprechen dagegen von "totaler Zensur" und fürchten, dass das russische Netz vom weltweiten Internet abgekoppelt werden könnte.
Die Demonstration richte sich dagegen, dass so wie in China eine Firewall errichtet werde, mit der die Regierung den Zugriff auf Seiten sperren könne, erklärte Mikhail Svetov von der Libertären Partei im Interview mit der Deutschen Welle. "Wir haben nichts mehr außer dem Internet", beklagte Svetov, der zu den Organisatoren des Protests gehört. "Wir haben keine freien Wahlen, wir haben keine Pressefreiheit, das Fernsehen wird vollständig kontrolliert." Das Internet sei der einzige Ort, an dem über Korruption gesprochen werden könne, sagte er der DW. "Es ist der einzige Ort, wo wir manchmal Gerechtigkeit erreichen."
Bei der Demonstration in der Hauptstadt wurden mehrere Menschen ohne Erklärung festgenommen. Oppositionspolitiker twitterten, die Polizei habe 15 Personen in Gewahrsam genommen. Die Behörden bestätigten das nicht.
Die Gruppe Roskomswoboda, die sich für ein freies Internet einsetzt, rief die Duma-Abgeordneten auf, gegen den Gesetzentwurf zu stimmen. Ansonsten würden die Russen bald "in Orwell'schen Dystopien leben". Bisher hat es zu dem Gesetzentwurf nur die erste von drei Lesungen im Unterhaus der Duma gegeben. Dort wurde er mit 334 zu 47 Stimmen angenommen.
Russische Behörden haben in den vergangenen Jahren immer wieder die Freiheit im Netz eingeschränkt. So wurden etwa Inhalte und Seiten der Opposition gesperrt oder Dienste, die nicht mit den Behörden kooperieren wollten, wie etwa die Videoplattform Dailymotion oder das soziale Netzwerk Linkedin. Ein weiterer Kritikpunkt sind die hohen Kosten des Projekts, die auf mehr als 20 Milliarden Rubel (270 Millionen Euro) geschätzt werden.
ust/hk (dpa, rtr, afp, dw)