1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen
GlobalisierungGlobal

Taugt die G20 als globale Allianz gegen Hunger?

30. November 2024

Brasilien übergibt den G20-Vorsitz an Südafrika. Auch das Land am Kap will den Kampf gegen Hunger und Klimakrise fortsetzen. Die nächste Weltklimakonferenz findet 2025 in Brasilien statt. Der Gipfelmarathon geht weiter.

https://p.dw.com/p/4nPt8
Brasilien G20 | Brasiliens Präsident Luiz Inácio Lula da Silva und Südafrikas Präsident Cyril Ramaphosa
Brasiliens Präsident Luiz Inácio Lula da Silva und Südafrikas Präsident Cyril Ramaphosa beim G20-Gipfel in Rio de Janeiro: Brasilien übernimmt 2025 den BRICS-Vorsitz von Russland, Südafrika übernimmt den G20-Vorsitz von BrasilienBild: Eraldo Peres/AP/picture alliance

Gibt es eigentlich noch einen gemeinsamen Nenner, auf den sich die Weltgemeinschaft einigen kann? Die gute Nachricht lautet: Ja.

Zurzeit scheint dies die jüngst auf dem G20-Gipfel gegründete Initiative "Globale Allianz gegen Hunger und Armut"zu sein. Auf dem Gipfel in Rio de Janeiro hatten sich am 18. und 19. November die Regierungsvertreter der wichtigsten Industrie- und Schwellenländer getroffen. Die dabei von Brasilien angeschobene Kooperation vereint mittlerweile 82 Länder, die EU und die Afrikanische Union. Hinzu kommen 24 internationale Organisationen, darunter die Weltbank und die UN-Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation FAO, sowie 31 Nichtregierungsorganisationen.

An Geld soll es vorerst nicht mangeln. Die interamerikanische Entwicklungsbank (BID) will rund 25 Milliarden US-Dollar bereitstellen, um Projekte für Nahrungsmittelproduktion, soziale Ausgleichsprogramme, Schulspeisungen und Mikrokredite voranzutreiben. Bis 2030 sollen dadurch 500 Millionen Menschen aus der Armut geholt werden.

Hunger ist die Geißel der Menschheit

Deutschland gehörte zu den ersten Unterstützern der Initiative. Entwicklungsministerin Svenja Schulze brachte das Bündnis für globale Ernährungssicherheit in die Initiative ein. Es war vor zwei Jahren im Rahmen des deutschen G7-Vorsitzes gegründet worden.

Entwicklungsministerin will neue Partnerschaft mit Afrika

Die informelle Gruppe der G20-Staaten ist eines der wenigen Foren, in denen sich Regierungsvertreter von Ländern mit Interessenskonflikten noch persönlich begegnen. Ursprünglich 2008 als Reaktion auf die Finanzkrise der 1990er Jahre in Asien gegründet, ist die Gruppe heute ein Forum, in dem der globale Norden und Süden, die G7 und die BRICS-Staaten zusammenkommen.

Flavia Loss de Araujo, brasilianische Expertin für internationale Beziehungen, betrachtet die G20-Präsidentschaft Brasiliens, die am 1. Dezember auf Südafrika übergeht, als Erfolg. "Brasilien erhielt Unterstützung bei den wichtigsten Themen, die es vorschlug: Hunger und Armut. Themen, die von den reichen Ländern stets vernachlässigt wurden", schreibt sie in einem Beitrag für die Online-Plattform The Conversation, einem Forum für den Austausch zwischen Wissenschaft und Journalismus.

"Viel Geld für Verteidigung und Energiewende"

In der Abschlusserklärung des Gipfelshatten die G20-Staaten eingeräumt, dass "die Welt mehr als genug Nahrungsmittel produziert, um den Hunger auszurotten". Es mangele nicht an Wissen, sondern an "politischem Willen, um die Voraussetzungen für einen besseren Zugang zu Nahrungsmitteln zu schaffen".

In Khan Yunes drängeln sich vertriebene Palästinenser in der Hoffnung auf etwas Brot vor der einzigen Bäckerei
Krieg und Klimawandel sind laut Welthungerindex die wichtigsten Ursachen für Hunger, Armut und Unterernährung. Die Aufnahme zeigt hunderte vertriebene Menschen, die im Gazastreifen für ein Stück Brot anstehenBild: Abed Rahim Khatib/dpa/picture alliance

Lateinamerikaexpertin Claudia Zilla von der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) mahnt allerdings vor zu großen Erwartungen: "Im Moment fließt viel Geld aus den Industrieländern in die Verteidigung und die Energiewende, erklärte sie gegenüber der DW.

Zwar wurden Energiewende und Klimakrise in der G20-Abschlusserklärung ebenfalls erwähnt, allerdings bleibt es hier bei abstrakten Absichtserklärungen. Die Staaten "bekräftigten" darin, "die Erderwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen", und kündigten an, "die Klimafinanzierung aus allen Quellen von Milliarden auf Billionen zu erhöhen".

Vom G20-Gipfel in Rio zur Klimakonferenz in Belém

Angesichts der ernüchternden Ergebnisse der jüngsten UN-Klimakonferenz in Baku kommt auf Brasilien bei diesem Thema auch nach dem Ende der G20 Präsidentschaft eine Menge Arbeit zu. Denn die nächste Klimakonferenz, COP30, findet im November 2025 im brasilianischen Belém statt. Außerdem übernimmt Brasilien 2025 den Vorsitz der BRICS-Staaten.

Brasiliens G20-Nachfolger Südafrika wird während seiner Präsidentschaft das Thema Klimawandel wahrscheinlich fortführen, allerdings mit einem anderen Akzent. Nach Einschätzung von Schuldenexpertin Magalie Masamba von der Universität Pretoria könnte die Finanzierung von Klimaschutzmaßnahmen zum Beispiel mit der wachsenden Überschuldung vieler Länder in der Region verknüpft werden.

Schuldenerlass für Klimaschutz?

"Viele Länder Afrikas sind mit einer gravierenden Schuldenkrise konfrontiert, die Wirtschaftswachstum und Entwicklung bedrohen", schreibt sie in einem Beitrag für den afrikanischen Think Tank APRI. Der G20-Vorsitz Südafrikas sei eine einmalige Chance, Entschuldungsinitiativen mit dem Erreichen der nachhaltigen Entwicklungsziele (SDGs)und den kostspieligen Anpassungsmaßnahmen an den Klimawandel zu koppeln. Mit innovativen Finanzierungsinstrumenten sei dies möglich.

Dauerbrenner Mindeststeuer für Superreiche

Die von Brasilien während der G20-Präsidentschaft favorisierte Idee einer globalen Mindeststeuer für Superreiche, mit der sowohl Klimaschutzmaßnahmen als auch Sozialprogramme gegen Hunger und Armut finanziert werden könnten, dürfte vorerst nur in den Abschlusserklärungen auftauchen.

G20-Koordinator Gustavo Westmann, zuständig für internationale Beziehungen im brasilianischen Präsidialamt, gibt sich deswegen mit kleinen Schritten zufrieden: "Wir haben es geschafft, die Besteuerung von Superreichen als Thema zu etablieren", sagt er im DW-Gespräch. "Mehr allerdings auch nicht."