Tot - oder doch nicht?
6. Dezember 2015Mit einer 17-minütigen Audio-Botschaft wollen die Taliban beweisen, dass ihr Anführer Mullah Mansur nicht verletzt oder gar tot ist. In der Aufnahme spricht ein Mann, der Mansur selbst sein soll. Dieser sagt unter anderem, dass er gesund sei und niemals in der pakistanischen Stadt Kuchlak gewesen sei. Dort hatte angeblich ein Treffen von Taliban-Führern stattgefunden. Dabei sei es zu Streitigkeiten und einer Schießerei gekommen, bei der Mansur zumindest verletzt oder auch getötet worden sei, so die Meldung der afghanischen Regierung am Donnerstag.
Wo ist die Zeitung von heute?
Die Echtheit der Audio-Botschaft ist nur schwer zu klären. Der Direktor der Friedrich-Ebert-Stiftung in Afghanistan, Alexey Yusupov, hat Zweifel und erinnert daran, dass die Taliban den Tod ihres vorherigen Anführers Mullah Omar zwei Jahre lang geheim gehalten hatten. In einem Gespräch mit der Deutschen Presseagentur (dpa) sagte er: "Wieso gab es kein Video? Um wirksam der Nachricht von seinem Tod entgegenzuwirken, müsste Mansur zumindest ein Foto der Zeitung von heute hochhalten."
Anders sieht das der Taliban-Experte des Recherche-Instituts Afghanistan Analysts Network, Borhan Osman. Er sagte der dpa: "Ich bin recht sicher, dass die Nachricht authentisch ist." Es sei schon verdächtig gewesen, dass sie ursprünglich von seinen Gegnern unter den Taliban und der afghanischen Regierung verbreitet worden sei, so Osman.
Vom Flughafenchef zum Taliban-Anführer
Mullah Mansur hat am 31. Juli 2015 offiziell die Nachfolge des langjährigen Taliban-Chefs Mullah Omar angetreten. Erst später wurde klar, dass er wegen der Geheimhaltung dessen Todes schon länger an der Spitze der Taliban stand. Mansur wird auf Mitte 40 geschätzt. Er hatte schon großen Einfluss, als die Taliban zwischen 1996 und 2001 in Afghanistan herrschten. Damals war er zunächst Flughafenchef und dann Minister für Flugverkehr und damit auch für die allerdings recht bedeutungslose Luftwaffe zuständig. Heute ist Mansur unter den Taliban umstritten, einige der Islamisten erkennen ihn nicht als Anführer an.
Trotz eines Führungsstreits gelang den Taliban unter Mansur in diesem Jahr ihr bislang größter militärischer Erfolg. Im Herbst eroberten sie die nordafghanische Stadt Kundus, aus der die Aufständischen erst nach Tagen wieder vertrieben werden konnten.
fab/haz (dpa, rtr)