Konsulat bleibt monatelang geschlossen
11. November 2016Bei dem Anschlag auf die diplomatische Vertretung Deutschlands im Norden von Afghanistan waren in der Nacht zum Freitag vier Menschen getötet und 128 verletzt worden. Attentäter der radikal-islamischen Taliban-Miliz hatten an der Außenmauer des schwer gesicherten Konsulatsgeländes ein mit Sprengstoff beladenes Fahrzeug zur Explosion gebracht, wie die Behörden mitteilten.
Die Attentäter schlugen damit eine Schneise für weitere Angreifer, die in das Gebäude vordrangen und sich dort einen langen Schusswechsel mit den Sicherheitskräften lieferten. Die 20 deutschen und afghanischen Mitarbeiter blieben unverletzt.
Bundeswehr erschießt zwei Männer
Nach dem Anschlag kam es am Freitagmorgen zu einem weiteren Vorfall, bei dem Bundeswehrsoldaten zwei Motorradfahrer erschossen. Die beiden Männer sollen sich über die Aufforderung, sofort anzuhalten, hinweg gesetzt haben. Warum sie nicht anhielten, ist unklar.
Der Sprecher des Gouverneurs der nordafghanischen Provinz, Munir Farhad, sagte, die beiden Männer seien Zivilisten gewesen und nicht, wie von den deutschen Soldaten befürchtet, weitere Taliban-Angreifer. Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) sagte dazu in Berlin, die Lage sei "noch nicht vollständig geklärt". Die Motorradfahrer seien aber trotz "Signalmunition" und Warnschüssen weitergefahren.
Hilfe bei der Polizei- und Militärausbildung
Die schwer beschädigte Auslandsvertretung muss vermutlich auf Monate hinaus geschlossen bleiben. Das Personal wurde in ein etwa zehn Kilometer entferntes Bundeswehr-Lager gebracht. Masar-i-Scharif galt bislang als verhältnismäßig sichere Stadt.
Das Konsulat war erst im Juni 2013 eröffnet worden. In dem Bundeswehr-Lager Camp Marmal sind nach dem offiziellen Ende des internationalen Kampfeinsatzes derzeit noch etwa 800 deutsche Soldaten stationiert. Sie sollen bei der Ausbildung der afghanischen Sicherheitskräfte helfen. Mehrere Rückschläge im Kampf gegen die Taliban ließen aber bereits Zweifel an der Schlagkraft der afghanischen Polizei und Armee aufkommen.
Weitere Angriffe verhindern
Der Überfall löste neue Sorgen aus. Die Bundesregierung will das deutsche Engagement nochmals überprüfen: Im Auswärtigen Amt tagte erneut der Krisenstab. Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) sagte, es werde diskutiert, ob der Anschlag Auswirkungen auf Deutschlands militärische und zivile Aktivitäten in Afghanistan haben werde.
Ein Sprecher Steinmeiers erläuterte, er könne sich nicht vorstellen, dass Deutschland oder die internationale Gemeinschaft ihre Hilfen für Afghanistan überdenken könnten. Es werde aber geprüft, wie die Sicherheitslage für Mitarbeiter verbessert werden könne, damit sich ein solcher Anschlag nicht wiederhole. Eine hundertprozentige Sicherheit gebe es in einem Land wie Afghanistan aber nicht.
uh/qu (dpa, rtr)