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Südsudan vom Krieg gezeichnet

Jan-Philipp Scholz , Adrian Kriesch 2. Juni 2015

Erneut toben um die Ölfelder im Südsudan erbitterte Kämpfe. Jan-Philipp Scholz und Adrian Kriesch sind zum dritten Mal seit Kriegsausbruch im Land und haben kaum Hoffnung, dass es bald zur Ruhe kommt. Im Gegenteil.

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Südsudan Soldaten Rückeroberung Blue Nile Raffinerie
Bild: picture-alliance/AA

Rückblick: Bentiu im Januar 2014. Die Stadt im nördlichen Bundesstaat Unity ist in weiten Teilen niedergebrannt. Fast alle überlebenden Bewohner sind in einem Flüchtlingslager der Vereinten Natione am Stadtrand untergebracht. Auf den Straßen liegen unzählige Leichen von Rebellen. Wir sitzen auf einem Pick-up der südsudanesischen Armee SPLA. Die gutgelaunten Soldaten nehmen uns mit, um ihre siegreiche Schlacht gegen die Rebellen zu demonstrieren. "Hier kann jetzt nichts mehr passieren", sagt ein junger Soldat in voller Überzeugung, während seine angetrunkenen Kameraden singen. "Die Zivilisten können jetzt wieder beruhigt in die Stadt zurückkehren."

Südsudan Juba Sprecher der Regierungstruppen Photo: DW/ Jan-Philipp Scholz / Adrian Kriesch
Der Sprecher der Regierungstruppen mit DW-Reportern Scholz und KrieschBild: DW

Die Armee wird kleinlauter

Im Jahr 2011 erlangte der Südsudan nach einem jahrzehntelangen Bürgerkrieg seine Unabhängigkeit vom Sudan - nur um im Dezember 2013 in die nächste Krise zu stürzen. Damals warf Präsident Salva Kiir seinem ehemaligen Vize Riek Machar vor, einen Staatsstreich zu planen. Aus einem politischen Machtkampf wurde ein Bürgerkrieg. Das Land spaltete sich entlang der beiden größten Volksgruppen: der Dinka um Präsident Kiir und der Nuer um Rebellenführer Machar.

Nun, Ende Mai 2015, sind wir erneut im Land. Das dritte Mal seit Ausbruch des Bürgerkriegs. Die Hauptstadt Juba hat sich in der Zwischenzeit sichtlich weiterentwickelt. Überall wird gebaut, neue Hotels haben eröffnet. Doch die Geschichte scheint sich zu wiederholen: In den beiden Bundesstaaten Unity und Upper Nile im Norden starten die Rebellen erneute Angriffe, die Regierungstruppen behalten vorerst die Oberhand. "Es ist schwer, zu behaupten, dass die Rebellen jetzt nie wieder angreifen werden", sagt der Sprecher der Regierungstruppen, Philipp Aguer, inzwischen etwas kleinlauter.

Panoramablick auf Juba Südsudan
Blick auf JubaBild: imago

"Gier, Machtlust und Rache"

Die Leidtragenden sind - wie so oft - die Einwohner Südsudans. Das Flüchtlingslager in Bentiu ist mittlerweile auf über 60.000 Bewohner angewachsen. Von einer Rückkehr der Zivilisten kann keine Rede sein. Die Vereinten Nationen rechnen damit, dass im Juli bis zu 4,6 Millionen Südsudanesen nicht genug zu Essen haben werden - das entspricht 40 Prozent der Landesbevölkerung.

"Die Lösung für diese verfahrene Situation liegt in den Händen der Politiker", erklärte uns Armeesprecher Aguer Anfang 2014 - und fast wortgleich hören wir dieses Zitat auch jetzt wieder. Doch die Friedensverhandlungen zwischen Präsident Kiir und Rebellenführer Machar sind längst eine Farce. Monatelang verhandelten beide Seiten ergebnislos in exklusiven Luxus-Hotels in Äthiopien. Gerade haben die Nachbarstaaten einen neuen Vermittlungsversuch gestartet. Trotz wiederholter Waffenstillstandsabkommen brachen immer wieder Kämpfe aus. "Gott hat unser Land mit Milch und Honig gesegnet", sagt der ehemalige Bischof Paride Taban, der sowohl Kiir als auch Machar persönlich kennt und schon mehrfach bei Friedensgesprächen vermittelt hat. "Und jetzt zerstören unsere eigenen Leute das Land wegen ihrer Gier, Machtlust, Rache und ihres mangelnden Willens zur Vergebung."

Karte Südsudan Unity Upper Nile Deutsch
Die Hauptsadt Bentiu in Unity ist wie leergefegtBild: DW

Staatshaushalt vom Krieg zerfressen

Milch und Honig, das ist für Südsudans Wirtschaft vor allem das Erdöl. Doch die wichtigste Einnahmequelle der Regierung versiegt immer mehr. Zu seinen Spitzenzeiten im Jahr 2011 förderte der Südsudan bis zu 350.000 Barrel am Tag, jetzt sind es nur noch 160.000. Die Rebellen versuchen immer wieder, die Ölfelder unter ihre Kontrolle zu bringen - um so die Kriegsfinanzierung von Salva Kiir zu behindern, wie sie sagen.

Bentiu, Südsudan Opfer Massaker Zivilisten Photo: Quelle, rechtefrei: UNO.
Verwundete Zivilisten in einem Auffanglager in BentiuBild: UN

Doch Nhial Bol, Chefredakteur der Tageszeitung "The Citizen", ist sich sicher, dass sie selbst an den Ölgeldern interessiert sind. "Die Rebellen können das Öl weiter an den Sudan und an China verkaufen", erklärt er. Ihn macht es wütend, weil die enormen Kriegsausgaben eigentlich in Bildung, Gesundheit und die Infrastruktur des jungen Staates fließen könnten. Er fordert die internationale Gemeinschaft auf, südsudanesisches Öl generell zum "Schwarzen Öl" zu erklären, also den Verkauf ins Ausland zu verhindern. Ohne die Aussicht auf Öleinnahmen würde sich niemand mehr den Regierungstruppen oder den Rebellen anschließen, glaubt Bol.

Hinter vorgehaltener Hand spekulieren viele Bobachter in Juba bereits, dass der Regierung ohnehin in naher Zukunft das Geld ausgeht und sie die rund drei Millionen US-Dollar, die der Krieg nach Expertenmeinung jeden Tag kostet, nicht mehr finanzieren kann. Immer wieder kommt es bei der Bezahlung von Staatsangestellten zu massiven Verspätungen. Und schon bald, so erfahren wir jedenfalls von Insidern, könnte sogar im Präsidentenpalast das Licht ausgehen. Die Benzinvorräte, die für den Betrieb der Stromgeneratoren nötig sind, seien inzwischen fast aufgebraucht.