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Syrische Truppen stürmen Grenzdörfer

5. September 2011

Die syrische Bevölkerung sieht sich neuen schweren Übergriffen der eigenen Armee ausgesetzt. Soldaten haben auf der Suche nach Regimegegnern die Protesthochburg Hama und mehrere Dörfer an der Grenze zum Libanon gestürmt.

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Archivbild aus einem Amateurvideo, das eine menschenleere Straße in der Stadt Dschisr al-Schughur zeigt (Foto: dapd)
Archivbild von Dschisr al-Schughur: Das Militär durchkämmt die StadtBild: dapd

"Die Schüsse können über die Grenze hinweg gehört werden", sagte ein Aktivist der syrischen Opposition am Montag (05.09.2011) der Nachrichtenagentur dpa in Beirut. Razzien gebe es auch in Dschisr al-Schughur in der Provinz Idlib und in der Protesthochburg Hama. Ein Sprecher des oppositionellen lokalen Koordinierungskomitees berichtete von 30 Fahrzeugen, mit denen Armee und Sicherheitskräfte in Hama eingerückt seien. In der ebenfalls im Zentrum des Landes liegenden Stadt Homs seien zwei Männer von Sicherheitskräften erschossen worden.

Rot-Kreuz-Besuch im Schatten weiterer Militärgewalt

Der Präsident des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK), Jakob Kellenberger, sitzt vor einer Landkarte (Foto: dpa)
Will Verletzten und Inhaftierten helfen: Rot-Kreuz-Präsident KellenbergerBild: picture-alliance/ dpa

Nach wie vor kann die Lage in Syrien nur schwer eingeschätzt werden, weil das Regime keine unabhängigen Beobachter zulässt. Allerdings verdichten sich Hinweise, wonach die Regierungskräfte in Hamas gezielt nach dem ehemaligen Generalstaatsanwalt Adnan al-Bakkur suchen. Er hatte aus Protest gegen Gräueltaten der Sicherheitskräfte vergangene Woche seinen Rücktritt erklärt. In einer Videobotschaft, die von Regimegegnern veröffentlicht worden war, sprach Al-Bakkur von 72 Aktivisten, die am 31. Juli im Zentralgefängnis von Hama exekutiert worden seien. Dutzende Menschen seien bei Militäroperationen in der Stadt getötet oder zu Tode gefoltert worden. Die staatlich gelenkte Nachrichtenagentur Sana berichtete daraufhin, al-Bakkur sei von Terroristen entführt worden.

Am Wochenende hatte auch der Besuch einer hochrangigen Rot-Kreuz-Delegation die syrische Führung nicht von weiterer Gewalt gegen die eigene Bevölkerung abhalten können. So sollen allein am Sonntag zwölf Regimegegner getötet worden sein. Derweil sprach der Präsident des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK), Jakob Kellenberger, in Damaskus mit Außenminister Walid al-Muallem. Das IKRK will Zugang zu Kranken und Verwundeten sowie zu inhaftierten Regimegegnern erreichen. Für diesen Montag ist ein Treffen mit Präsident Baschar al-Assad geplant.

"Die Menschen nicht im Stich lassen"

Die Außenbeauftrage der Europäischen Union, Catherine Ashton, am Konferenztisch(Foto: dpa)
Die "wirtschaftlichen Muskeln der EU" einsetzen: EU-Chefdiplomatin AshtonBild: Picture alliance/dpa

Die Europäische Union hat ihren Ton gegenüber Damaskus weiter verschärft, nachdem die Gemeinschaft am Freitag bereits ein Ölembargo beschlossen hatte. Unter anderem ist ein umfassender Investitionsstopp im Gespräch. Es gehe darum, "die wirtschaftlichen Muskeln der EU einzusetzen", sagte Chefdiplomatin Catherine Ashton. "Das, was wir tun, muss den größtmöglichen Effekt haben." Frankreichs Außenminister Alain Juppé deutete sogar die Bereitschaft an, über Wirtschaftssanktionen hinauszugehen.

Vor diesem Hintergrund sorgte eine Meldung der "Süddeutschen Zeitung" für Aufsehen, wonach Syrien weiter Entwicklungshilfe aus Deutschland erhält. Das zuständige Bundesministerium bestätigte dies im Grundsatz. Zwar sei die staatliche Zusammenarbeit mit Syrien angesichts der fortgesetzten Menschenrechtsverstöße weitestgehend ausgesetzt. Einzelne laufende Projekte für irakische und palästinensische Flüchtlinge sowie Vorhaben, die der syrischen Bevölkerung direkt zugute kämen, würden mithilfe lokaler Mitarbeiter jedoch weitergeführt, erklärte das Entwicklungsministerium in Berlin. Unions-Fraktionsvize Christian Ruck sagte dazu: "Wir wollen die Menschen nicht im Stich lassen."

Autor: Rolf Breuch (afp, dapd, dpa)
Redaktion: Martin Schrader