Syrische Flüchtlinge erhalten Schutz in Deutschland
9. September 2013Seit mehr als zwei Jahren tobt in Syrien ein Bürgerkrieg zwischen den Truppen von Präsident Baschar al-Assad und Gegnern der Regierung. Am meisten leidet bei dem blutigen Konflikt die Zivilbevölkerung. Mehr als zwei Millionen Syrer sind bereits aus dem Land geflohen. Einige von ihnen sollen eine Heimat auf Zeit in Deutschland finden.
Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) gab im März 2013 bekannt, dass 5000 syrische Flüchtlinge so schnell wie möglich mit Gruppenflügen nach Deutschland kommen sollen. Am Mittwoch (11.09.2013) landen die ersten von ihnen in der Bundesrepublik.
Klare Auswahlkriterien
Wer nach Deutschland kommen darf, darüber hat sich das Bundesinnenministerium nach Angaben einer Sprecherin eng mit dem Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen (UNHCR) und Hilfsorganisationen abgestimmt. Die 5000 Menschen wurden aus der Gruppe von Flüchtlingen ausgewählt, die sich in den Libanon gerettet hat. In dem Nachbarland Syriens sind mehr als 700.000 syrische Flüchtlinge bei Hilfsorganisationen registriert. Mitarbeiter vor Ort schauen auf "die entsprechenden Informationen aus den Registrierungsunterlagen, kontaktieren die Betroffenen und fragen, ob sie bereit wären, nach Deutschland zu kommen", sagt Stefan Telöken, Pressesprecher des UNHCR in Deutschland, der DW.
Bei der Entscheidung werden vor allem drei Gruppen berücksichtigt: humanitäre Notfälle wie zum Beispiel Schwerverletzte, Waisen oder alleinerziehende Mütter mit ihren Kindern. Außerdem Flüchtlinge, die Bezüge zu Deutschland haben - also familiäre Bindungen oder deutsche Sprachkenntnisse - sowie als drittes Syrer, die besondere Qualifikationen haben und beim Wiederaufbau ihres Landes nach Ende des Konflikts helfen können. Die nach diesen Kriterien Ausgewählten werden zunächst für zwei Jahre in Deutschland bleiben und erhalten eine Arbeitserlaubnis - sie sind also keine Asylbewerber. "Dies ist ausdrücklich kein Resettlement Programm", betont Telöken. Das heißt, dass die Flüchtlinge in ihr Land zurückkehren sollen, wenn dies wieder möglich ist.
Erster Ankunftspunkt Friedland
Die 5000 Syrer werden zunächst zwei Wochen in den sogenannten Grenzdurchgangslagern Friedland und Bramsche untergebracht. Hier werden sie auf ihre Zeit in Deutschland vorbereitet.
"Die Personen durchlaufen auf freiwilliger Basis einen sogenannten Wegweiserkurs, Dauer eine Woche", erzählt der Leiter des Standortes Friedland, Heinrich Hörnschemeyer, der DW. "Am Vormittag wird versucht, ein bisschen deutsche Sprache beizubringen. Die Personen sollen sich am Ende der Woche möglichst vorstellen und nach dem Weg fragen können. An den Nachmittagen wird es Informationen über die Bundesrepublik Deutschland geben." Hier lernen die Neuankömmlinge etwas über die Geschichte des Landes und bekommen Informationen über deutsche Schulen, das Gesundheitssystem und den Umgang mit Behörden.
Die Flüchtlinge kommen nach Angaben von Hörnschemeyer aus Verhältnissen, die so gut wie gar nichts mit dem Leben in Deutschland gemein haben, und der kurze Aufenthalt in Friedland soll ihre Startbedingungen ein bisschen verbessern. Nach 14 Tagen werden sie auf die Bundesländer verteilt.
Weiterreise in die Bundesländer
Alle 16 Länder nehmen Flüchtlinge auf. Wo wie viele Menschen untergebracht werden, richtet sich nach der Bevölkerungszahl und den Steuereinnahmen. Deshalb kommen besonders viele Syrer in das Bundesland mit den meisten Einwohnern, Nordrhein-Westfalen. Mindestens 1060 Flüchtlinge erhalten dort eine temporäre neue Heimat. Das Land hat zudem angekündigt, noch 1000 weitere Menschen aufzunehmen.
Im kleinsten Bundesland Bremen sollen 50 Syrer unterkommen, aber nicht in den normalen Flüchtlingsheimen. "Wir haben im Moment Gespräche mit den Kirchengemeinden. Die gucken, ob sie selbst Unterkünfte haben oder sprechen ihre Gemeindemitglieder an, ob die Unterkünfte zur Verfügung stellen können", berichtet Bernd Schneider, Pressesprecher von Bremens Sozialsenatorin Anja Stahmann (Grüne), im Gespräch mit der DW. "Die 50 Menschen, über die wir reden, gelten als besonders schutzbedürftig. Da sind Menschen dabei, die sind krank, verletzt, die haben Traumata erlebt. Und da haben sich gesellschaftliche Kräfte mobilisiert, die sagen, wir möchten uns besonders engagieren."
Kritik von Pro Asyl
Die Flüchtlingshilfsorganisation Pro Asyl sieht die Aufnahme von 5000 Flüchtlingen aus Syrien als nicht ausreichend an. "Das ist im Verhältnis zu dem Ausmaß der Flüchtlingskatastrophe im Nahen Osten sicher nicht groß genug", sagt der stellvertretende Geschäftsführer von Pro Asyl, Bernd Mesovic, der DW. Außerdem kritisiert er die Art und Weise, wie die Flüchtlinge ausgewählt wurden: "Primär werden Flüchtlinge aufgenommen, die im Libanon sitzen und dort bei UNHCR als Schutzsuchende zu einem Stichtag registriert waren." Das schließe zu viele Menschen in Not aus.