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Die Aufständischen werden mutiger

30. Januar 2012

In Syrien rückt der Aufstand immer näher an die Hauptstadt heran. Erneut lieferten sich Armee und Deserteure heftige Gefechte in den Außenbezirken von Damaskus. In der Provinz Homs wurde eine Gaspipeline gesprengt.

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Aufsteigender Rauch über dem Stadtteil Erbeen in Damaskus(Foto: REUTERS)
Aktivisten kämpfen um DamaskusBild: Reuters

Die militärischen Konfrontationen in Syrien ähneln zunehmend einem Katz- und Mausspiel. Erst besetzen Verbände der Deserteure Viertel in den Vororten der Hauptstadt Damaskus, dann ziehen sie sich zurück, sobald die Armee Verstärkung schickt. Nach Angaben von Augenzeugen gab es in der Nacht zum Montag heftige Schießereien zwischen Regierungstruppen und Aufständischen nur acht Kilometer von der Hauptstadt entfernt. Die Regierung habe daraufhin loyale Einheiten in den Vororten stationiert. Die so genannte Freie Syrische Armee habe sich aus taktischen Gründen zurückgezogen, sagte ein Regierungsgegner.

Mindestens neun Menschen wurden nach Angaben von Aktivisten bei den Kämpfen getötet. Regimekritiker berichten weiter, die Straße zum internationalen Flughafen sei vorübergehend blockiert worden, als Mitglieder des syrischen Geheimdienstes zur Opposition überliefen. Danach hätten regimetreue Truppen die Kontrolle über die Straße zurückgewonnen.

Die amtliche syrische Nachrichtenagentur Sana meldete am Montag, eine "Terroristengruppe habe eine Gaspipeline zerstört, die Gas aus der zentralsyrischen Provinz Homs an die Grenze zum Libanon transportiert. Die Sabotageaktion habe bei der Stadt Tal Kalakh stattgefunden. Durch das Leck seien 460.000 Kubikmeter Gas ausgetreten.

Neue Gewaltwelle mit vielen Opfern

Kurz nach dem Abbruch der Beobachtermission der Arabischen Liga hat sich die Gewalt in Syrien massiv verschärft. Nach Angaben der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte wurden am Sonntag 66 Menschen beim gewaltsamen Vorgehen der Sicherheitskräfte und bei heftigen Gefechten getötet. Allein in den Provinzen Idleb im Nordwesten des Landes, in Deraa im Süden sowie in den Protesthochburgen Homs und Hama seien 26 Zivilisten getötet worden.

Der Kommandeur Mahr Nueimi von der aufständischen Freien Syrischen Armee, die nach eigenen Angaben inzwischen rund 40.000 Soldaten zählt, und der Chef der in London ansässigen Beobachterstelle, Rami Abdel Rahman, berichteten am Sonntag übereinstimmend von schweren Gefechten nur wenige Kilometer vor der Hauptstadt Damaskus. Nach ihren Angaben waren es die heftigsten Auseinandersetzungen seit Beginn der Proteste gegen Präsident Baschar al-Assad vor mehr als zehn Monaten.

Laut Nueimi, der sich in der Türkei aufhält, ging die Armee zudem mit schwerer Artillerie gegen mehrere Orte der Provinz Damaskus vor. Vor allem die Einwohner der Stadt Rankus seien einer regelrechten Strafkampagne ausgesetzt, weil sie desertierten Soldaten Unterschlupf gewährt hätten. Ein Aktivist berichtete aus Rankus, die Armee habe die Stadt eingekesselt. Heckenschützen hätten sich auf Häuserdächern verschanzt und zielten wahllos auf Passanten. Nach Angaben Nueimis erhält die Freie Syrische Armee täglich neuen Zulauf von Deserteuren. Von unabhängiger Seite lassen sich die Angaben nicht überprüfen.

Arabische Liga zieht Beobachter ab

Angesichts der anhaltenden Gewalt hatte die Arabische Liga am Samstag ihre Beobachtermission in dem Land ausgesetzt. Der Generalsekretär des Staatenbundes, Nabil al-Arabi, machte Damaskus dafür verantwortlich. Die syrische Regierung habe sich für eine "Eskalation" der Gewalt entschieden. Dennoch setzt sich die Liga weiterhin für eine friedliche Lösung und Verhandlungen zwischen Regierung und Opposition ein.

Die 165 Beobachter der Arabischen Liga waren Ende Dezember nach Syrien geschickt worden, um die Umsetzung eines Plans zur Beilegung der Krise zu überwachen. Sie waren in ihrer Arbeit jedoch massiv behindert und teilweise selbst angegriffen worden. Am Montagabend soll der Generalsekretär der Liga in New York beim UN-Sicherheitsrat über den Konflikt in Syrien referieren.

Autor: Reinhard Kleber (dpa, afp, dapd, rtr)
Redaktion: Nicole Scherschun