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Minigipfel fordert Rückkehr zur Waffenruhe

Richard A. Fuchs, Berlin (mit Agenturen)4. Mai 2016

Außenminister Steinmeier lud nach Berlin, um die festgefahrenen Friedensgespräche für Syrien zu retten. Neue Gewalt in Aleppo hatte zuletzt für Stillstand gesorgt. Syriens Opposition formulierte weitgehende Forderungen.

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Diplomatisches Treffen in der Villa Borsig in Berlin (Foto: picture-alliance/dpa/J. Carstensen)
Vertrauensbildende Maßnahme: Ein diplomatischer Minigipfel am Tegeler See in BerlinBild: picture-alliance/dpa/J. Carstensen

Der syrische Oppositionsführer Riad Hijab ließ keinen Zweifel daran, dass er die Genfer Friedensgespräche für Syrien derzeit für gescheitert hält. "Wir haben bei den Gesprächen eine Sackgasse erreicht", sagte Hijab in Berlin. Neue Gewalt rund um die nordsyrische Stadt Aleppo hatte zuletzt Zweifel aufkommen lassen, dass die seit 27. Februar gültige Waffenruhe zwischen Machthaber Baschar al-Assad und der syrischen Opposition noch zu retten sein könnte.

Von Seiten der syrischen Opposition wird das Assad-Regime für den anhaltenden Bruch der Waffenruhe verantwortlich gemacht – weshalb die Vertreter der Opposition mehrheitlich den Verhandlungstisch in Genf verlassen haben. Hijab soll, so heißt es aus Verhandlungskreisen, den UN-Sondergesandten Staffan de Mistura persönlich für diese Entwicklung mitverantwortlich machen. Seine Fehler bei den Gesprächen hätten demnach den Boden für die jüngste Gewaltspirale bereitet.

Außenminister Steinmeier (rechts) mit dem syrischen Oppositionsführer Hijab (Foto: picture-alliance/dpa/J. Carstensen)
Außenminister Steinmeier (rechts) mit dem syrischen Oppositionsführer HijabBild: picture-alliance/dpa/J. Carstensen

Mit kleiner Pendeldiplomatie Vertrauen bilden

Der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) hatte daraufhin diesen diplomatischen Minigipfel in Berlin anberaumt, um zerstörtes Vertrauen zwischen den Beteiligten der Syrien-Gespräche wieder herzustellen. Fernab vom Berliner Trubel, traf Steinmeier sich mit Hijab und de Mistura im Gästehaus des Auswärtigen Amtes am Tegeler See. Mit dabei war auch Steinmeiers französischer Amtskollege Jean-Marc Ayrault. Gemeinsam forderte das deutsch-französische Ministerduo ein sofortiges Ende der Kämpfe. "Die schrecklichen Bilder aus Aleppo zeigen uns, was auf dem Spiel steht", sagte Steinmeier.Er bekräftigte, dass es für ihn keine militärische Lösung geben könne. Entweder die internationale Gemeinschaft bringe die Verhandlungen über einen Frieden "zurück in die Spur", so der Minister weiter, "oder aber wir riskieren den Rückfall in Eskalation, in Explosionen der Gewalt und die Fortsetzung des Bürgerkrieges".

Ein Motorrad fährt durch die zerstörte Stadt Aleppo (Foto: Getty Images/AFP/K. Al-Masri)
Zwischen Ruinen: Rund um die nordsyrische Stadt Aleppo sind die Kämpfe wieder aufgeflammtBild: Getty Images/AFP/K. Al-Masri

Damit Friedensverhandlungen doch wieder möglich werden, machte der deutsche Außenminister Extrarunden. In Einzelgesprächen lief er mit seinen Gästen durch den Garten des Geländes, bevor es danach eine gemeinsame Unterredung gab. Frankreichs Außenminister Ayrault rief Machthaber Assad dazu auf, seine Truppen zurückzuziehen und die Waffenruhe zu respektieren. "Das Assad-Regime hat die volle Verantwortung für die Tragödie in Aleppo", sagte Ayrault.

Hijab, der sich von Syriens Machthaber Baschar al-Assad losgesagt hatte und inzwischen die syrische Opposition vertritt, forderte eine umfassende Waffenruhe, die für ganz Syrien gelte und nicht nur für einzelne Regionen. Die Waffenruhe in Aleppo sei Voraussetzung für eine Rückkehr an den Verhandlungstisch. Zudem machte er in Berlin deutlich, dass die syrische Opposition weiter auf einen Fahrplan pocht, der eine geordnete Machtübergabe vom Assad-Regime auf eine Übergangsregierung aufzeige. Dabei unterstrich er, dass für ihn eine politische Lösung mit Assad undenkbar sei.

Treffen der Syrien-Kontaktgruppe weiter offen

Die USA und Russland hatten sich in den vergangenen Tagen dafür stark gemacht, die Waffenruhe wieder in Kraft zu setzen; zeitgleich zum Ende des Minigipfels verkündeten die USA und Russland, dass die Waffenruhe auf Aleppo ausgeweitet werde. Sie solle um Mitternacht in Kraft treten. Insgesamt 280 Zivilisten sollen in Aleppo allein in den vergangenen Tagen ums Leben gekommen sein.

Die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte mit Sitz in London meldete, dass es in Aleppo zuletzt viele Opfer auf beiden Seiten gegeben habe. Hubschrauber würden Angriffe auf Regimegegner fliegen, während die Rebellen mit Geschossen auf regimetreue Stadtviertel feuerten. Dennoch wurde ein Treffen der internationalen Syrien-Kontaktgruppe in Paris für kommenden Montag angesetzt. Der UN-Sondergesandte für Syrien, Staffan de Mistura, sagte: "Aleppo ist jetzt der Test."

Zu Kämpfen zwischen Regime und Opposition kam es auch östlich der Hauptstadt Damaskus, wie die Menschenrechtsbeobachter weiter erklärten. Flugzeuge hätten mehr als 20 Angriffe geflogen. Auch ein Vorrücken der Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) wurde zuletzt von der Beobachtungsstelle gemeldet. So soll mehr als die Hälfte der Region östlich der Stadt Homs durch den IS erobert worden sein.

Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) sagte am Mittwoch beim Treffen der Anti-IS-Koalition in Stuttgart, Deutschland werde deshalb die Allianz ausweiten. Es gelte, so die Ministerin, "andere Länder, die nicht aktiv im Kampf gegen den IS sind, zu ermuntern, in den Wiederaufbau von IS-befreiten Gebieten zu investieren."