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Todesurteil für sunnitischen Politiker

23. November 2014

Das zentrale Strafgericht des Irak hat den sunnitischen Politiker Al-Alwani zum Tode verurteilt. Schon seine Festnahme Ende 2013 hatte zu gewalttätigen Protesten geführt. Die könnten sich jetzt wiederholen.

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Ahmed al-Alwani (Foto: picture-alliance/AP)
Bild: picture-alliance/AP Photo/K. Khalid

Das Gericht habe Ahmed al-Alwani (Artikelbild) wegen der Ermordung zweier Polizisten zum Tode verurteilt, sagte ein Justizsprecher. Der ehemalige Abgeordnete sei als Terrorist verurteilt worden. Gegen das Urteil könne Berufung eingelegt werden.

Al-Alwani war im vergangenen Jahr einer der Anführer der sunnitischen Protestbewegung gegen die Regierung unter dem damaligen Ministerpräsidenten Nuri al-Maliki. Seine Verurteilung könnte dem Zweckbündnis der Regierung mit sunnitischen Stammeskriegern schaden, das im Kampf gegen die Terrormiliz IS geschmiedet worden war.

Unruhen nach Festnahme

Der Politiker war im vergangenen Dezember bei einer Razzia von der Polizei verhaftet worden. Ihm war vorgeworfen worden, zu Protesten gegen die schiitisch geführte Regierung aufgerufen zu haben. Bei der Festnahme wurden sein Bruder und fünf Wachen getötet. Auch ein Soldat starb nach der damaligen Darstellung des Verteidigungsministeriums, als Al-Alwani, dessen Bruder und die Wachen das Feuer auf die Sicherheitskräfte eröffneten.

Al-Alwanis Festnahme hatte die Wut der Sunniten auf die schiitisch dominierte Regierung weiter angefacht. Die Sunniten warfen al-Maliki vor, ihre Volksgruppe zu diskriminieren und willkürlich zu verfolgen. Die Festnahme al-Alwanis erfolgte wenige Tage vor der gewaltsamen Auflösung eines Protestlagers der sunnitischen Opposition bei Ramadi durch Sicherheitskräfte. Die Räumung ließ den Konflikt eskalieren und führte letztlich zum Verlust Ramadis und Falludschas an sunnitische Extremisten.

Alwani-Stamm droht mit Rückzug seiner Kämpfer

Knapp elf Monate später ist Ramadi weiter umkämpft, während die benachbarte Stadt Falludscha komplett unter Kontrolle der Dschihadistenmiliz "Islamischer Staat" steht. Für den Kampf gegen die Extremisten könnte das Urteil vom Sonntag einen Rückschlag bedeuten. Al-Alwani gehört dem sunnitischen Stamm Albu Alwan an, der derzeit in der Region um Ramadi auf Seiten der Regierungstruppen gegen die IS-Miliz kämpft.

Bislang stehe der gesamte Stamm noch aufseiten der Regierung, sagte der Albu-Alwan-Anführer Scheich Omar al-Alwani nach dem Urteil. Allerdings werde sich die Hälfte der Kämpfer zurückziehen, "wenn sie al-Alwani unter diesen Umständen hinrichten sollten". Der Scheich riet der Regierung dazu, das erfolgreiche Ende des Kampfes gegen den IS abzuwarten und erst dann "den Beschluss zu fällen, den sie für angemessen hält".

Konflikt zwischen Sunniten und Schiiten nicht gelöst

Wie wichtig die Stammesunterstützung gegen die Dschihadisten ist, illustriert ein aktuelles Dokument des US-Verteidigungsministeriums: Darin wird der Kongress aufgefordert, 18,5 Millionen Dollar (umgerechnet 14,9 Millionen Euro) für Waffen, Munition und andere Ausrüstung bereitzustellen, die Stammeskämpfern in der Provinz Anbar, der Heimat des Alwani-Stammes, zugute kommen sollen. Weitere 5,5 Millionen Dollar wurden als Notreserve angefragt. In dem Dokument heißt es, die Unterstützung sunnitischer Stämme sei "entscheidend für die endgültige Vernichtung" des IS.

Im Irak herrscht ein offener Konflikt zwischen Sunniten und Schiiten, den auch die neue Regierung unter Ministerpräsident Haidar al-Abadi kaum abmildern kann.

gmf/sti (afp, dpa)