Sumatra-Nashorn gesichtet
21. August 2012Mit versteckten Kameras ist es Forschern gelungen, sieben Sumatra-Nashörner im tiefsten indonesischen Wald abzulichten. Die Tiere wurden seit 26 Jahren nicht mehr gesehen. Man hatte befürchtet, dass die Art ausgestorben sei, bis man die sechs Weibchen und ein Männchen im Mount-Leuser-Nationalpark an der nördlichen Spitze Sumatras fand.
"Ich bin so glücklich. Nach 26 Jahren haben wir das Nashorn endlich wiedergefunden", sagte Jamal Gawi, der die Internationale Leuser-Stiftung leitet. "Wenn es auf Konferenzen um das Schicksal der Nashörner Asiens geht, steht beim Sumatra-Nashorn immer ein großes Fragezeichen im Raum. Jetzt können wir der Welt endlich beweisen, dass wir sie gefunden haben. Sie leben!"
Gawi und sein Team waren im Norden der Insel eigentlich auf der Suche nach Sumatra-Tigern, als sie Spuren und Ausscheidungen fanden, die typisch für das Sumatra-Nashorn sind. Sie stellten Infrarotkameras auf, um die seltenen Tiere vor die Linse zu bekommen. Belohnt wurden sie mit Tausenden von Fotos, die zeigen, dass es den Nashörnern wohl gut geht.
Sofortiger Schutz
"Wir freuen uns sehr über diese Nachricht", so Stefan Ziegler, Artenschutzexperte vom World Wildlife Fund (WWF) gegenüber der Deutschen Welle. "Das zeigt, dass der Schutz des Sumatra-Nashorns nicht zum Scheitern verurteilt ist." Jetzt müsse man aber sofort handeln, so Ziegler, denn die Tiere könnten sonst leicht Wilderern zum Opfer fallen.
Die anhaltende Abholzung der Wälder in Indonesien schränkt den Lebensraum der Nashörner immer weiter ein. Selbst in geschützten Gebieten agieren immer wieder illegale Siedler, die Waldstücke zerstören, um Kaffee und Reis anzubauen. Dazu kommen Wilderer - es ist zwar verboten, die Nashörner zu jagen, aber die Hörner der Tiere sind weiter sehr gefragt. In der traditionellen asiatischen Medizin werden sie immer wieder für Medikamente verwendet.
"Straßen der Zerstörung"
Das Sumatra-Nashorn ist die kleinste noch lebende Nashornart der Welt und zugleich eines der seltensten Säugetiere. Es ist außerdem das einzige Nashorn Asiens mit zwei Hörnern, wobei das hintere Horn oft nur wie ein kleiner Höcker aussieht. Die Tiere leben meist allein und treffen sich nur zur Paarung. In den letzten 20 Jahren ist ihr Bestand um die Hälfte zurückgegangen. Man geht davon aus, dass es weltweit nur noch 200 Exemplare gibt.
Da es nur noch so wenige Nashörner im Mount-Leuser-Nationalpark leben, gibt es auch weniger Wilderer. Doch die haben leichteres Spiel, da immer mehr Straßen gebaut werden, die eigentlich der Holzindustrie dienen sollen. "Deswegen sind wir gegen neue Straßen in diesen Gebieten", so Gawi im Gespräch mit der DW. "Straßen sind der erste Schritt in Richtung Ausrottung der Tiere. Wir nennen sie die Straßen der Zerstörung."
Gawi hofft, dass die neuen Fotos dazu beitragen, das internationale Interesse am Schutz der Lebensräume der Nashörner wiederzubeleben. Gawis Team hat jetzt schon damit begonnen, die Tiere vor Wilderern zu schützen. "Wir werden eine Nashorn-Schutzeinheit gründen. Dabei wollen wir Streifen einsetzen, die Wilderer ausfindig machen."
Alle profitieren
Die Entdeckung der Nashörner könnte dazu führen, dass mehr Geld für den Artenschutz zur Verfügung gestellt wird, glaubt Andreas Dinkelmeyer vom International Fund for Animal Welfare. "Ich glaube, dass Nashörner die Leute faszinieren. Die Tiere sind beeindruckend. Und wenn wir ihren Lebensraum schützen können, dann schützen wir auch andere Arten", so Dinkelmeyer im DW-Gespräch.
"Manche Arten gelten als Obergattung. Es ist viel schwieriger, Geld für den Schutz eines bestimmten Insekts zu bekommen, das für das jeweilige Ökosystem wichtig ist. Aber sobald man eine große Tierart wie das Nashorn schützt, profitiert der ganze Lebensraum davon."
Ziegler vom WWF glaubt auch, dass man den Nashornfund nutzen sollte, um eine umfassende Initiative zum Artenschutz zu fordern. "Wir hoffen außerdem, dass wir die indonesische Regierung dazu bewegen können, sich jetzt stärker für den Schutz der bedrohten Tiere einzusetzen", so Ziegler. "Internationale Abkommen verbieten den kommerziellen Handel mit dem Sumatra-Nashorn. Aber bei der Durchsetzung der Regelungen auf nationaler Ebene hapert es noch. Armut, Korruption und schlecht bezahlte Ranger bilden einen Schmelztiegel, der die Wilderei florieren lässt."