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Suhrkamp distanziert sich von Uwe Tellkamp

9. März 2018

Im Streit um rechte Verlage auf der Leipziger Buchmesse hat sich Schriftsteller Uwe Tellkamp mit provozierenden Aussagen zu Flüchtlingen in Deutschland zu Wort gemeldet. Sein Verlag Suhrkamp nimmt nun Abstand von ihm.

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Leipziger Buchmesse
Bild: picture-alliance/dpa/J. Woitas

Es ist der alte Streit, der die Literaturwelt schon bei der Frankfurter Buchmesse 2017 spaltete: Wieviel Meinungsvielfalt verträgt eine Buchmesse in Deutschland? Sollen auch Verlage aus dem rechten politischen Spektrum ihr - teilweise menschenverachtendes - Gedankengut an den Bücherständen verbreiten dürfen?

Im vergangenen Jahr hatte der deutsche preisgekrönte Autor Uwe Tellkamp ("Der Turm") als Unterzeichner der "Charta 2017" bereits gegen einen Ausschluss von rechten Verlagen auf Buchmessen plädiert. Bei einer Podiumsdiskussion am Donnerstagabend im Dresdner Kulturpalast legte er nun nach: Wer sich in Deutschland kritisch äußere, werde gleich in die rechte Ecke gestellt, lautete eine These Tellkamps.

Autor Uwe Tellkamp
Autor Uwe TellkampBild: picture-alliance/dpa/S. Kahnert

In den sozialen Medien gab es Kritik und Zuspruch für den 49 Jahre alten Autor. Manche Kommentare sahen ihn am rechten Rand wandeln. Andere lobten Tellkamps "klare Haltung". Vor etwa 800 Zuschauern traf Tellkamp in einer Diskussionsrunde auf den Lyriker und Essayisten Durs Grünbein, der gleichfalls aus Dresden stammt und wie Tellkamp bei Suhrkamp verlegt wird. Dem Titel nach sollte sich die Debatte um Meinungsfreiheit drehen. Großen Raum nahm später aber gerade bei Tellkamp die Flüchtlingspolitik der Bundesregierung ein. "Die meisten fliehen nicht vor Krieg und Verfolgung, sondern kommen her, um in die Sozialsysteme einzuwandern, über 95 Prozent", sagte Tellkamp zu den Motiven von Asylbewerbern und erntete dafür Protest. Der Suhrkamp-Verlag ging auf Distanz und schrieb via Twitter:

Als Unterzeichner der "Charta 2017" fürchtete Tellkamp bereits damals eine "Gesinnungsdiktatur" in Deutschland. Daran knüpfte er auf dem Podium in Dresden nun an. Derzeit gebe es zwar noch keine "Repressionsmühlen" in Deutschland, sagte er, fügte diesem Satz aber ein verschwörerisches "noch nicht" an. In Deutschland existiere ein "Gesinnungskorridor zwischen gewünschter und geduldeter Meinung". "Meine Meinung ist geduldet, erwünscht ist sie nicht", sagte Tellkamp. Er wolle seine Meinung aber ohne Furcht sagen dürfen.

Offener Brief gegen rechte Verlage auf Leipziger Buchmesse

Klar gegen Tellkamp und seine Meinung positionierten sich jetzt in einem offenen Brief Studierende und Beschäftigte deutschsprachiger Literaturinstitute in Leipzig, Hildesheim, Wien und dem schweizerischen Biel. Sie wenden sich vehement gegen die Teilnahme rechter Verlage an der Leipziger Buchmesse, die am 15. März beginnt. In diesem Jahr stellen in Leipzig erneut das "Compact Magazin" und der Verlag "Edition Antaios" aus. Beide Medien hätten sich "zum Sprachrohr und Stichwortgeber der neuen Rechten entwickelt", schreibt die Nachrichtenagentur epd. An ihren Ständen sollten zum Beispiel der wegen Volksverhetzung verurteilte Autor Akif Pirinçci und der umstrittene Publizist Jürgen Elsässer sprechen.

Der Messeleitung werfen die Unterzeichner vor, "eine Mitverantwortung für die Normalisierung rassistischer und sexistischer Positionen im Parlament und auf der Straße" zu tragen. Es sei "fatal, anzunehmen, dass sich rechte Positionen erübrigen, wenn man ihnen auf der Buchmesse mit Argumenten begegnet", heißt es in dem Brief. Es müsse "stattdessen darum gehen, menschenverachtenden Positionen den Raum zuzuweisen, den sie verdienen: Außerhalb des demokratischen Meinungsspektrums, außerhalb von dem, was zur Diskussion steht." Hausordnung und Teilnahmebedingung der Leipziger Messe ließen sich ändern, wenn es den politischen Willen dazu gebe.

Leipziger Buchmesse: Publikationen nur im Rahmen der Gesetze

Vom 15. bis 18. März findet in Leipzig die Buchmesse statt
Vom 15. bis 18. März findet in Leipzig die Buchmesse stattBild: Leipziger Buchmesse

Nach den Worten Oliver Zilles, des Direktors der Leipziger Buchmesse, versteht die Messe sich als "Ort der Meinungsfreiheit und Meinungsvielfalt". Für Verlage aus dem rechten Spektrum gelte wie für alle anderen Kunden auch: "Ihre Publikationen müssen sich im Rahmen der Gesetze bewegen."

Der Börsenverein des Deutschen Buchhandels plädiert unterdessen für eine offene Auseinandersetzung mit rechtem Gedankengut. Sie müsse auch auf der Buchmesse und mit rechten Verlagen stattfinden, sagte Hauptgeschäftsführer Alexander Skipis am Dienstag im Deutschlandfunk Kultur. Man müsse vermeiden, dass sich rechte Verlage, wie nach der Frankfurter Buchmesse geschehen, als Opfer darstellen könnten. Bei der Buchmesse in Frankfurt war es im Oktober 2017 am Stand des rechtsgerichteten Antaios-Verlags zu tumultartigen Zusammenstößen von Rechten und deren Gegnern gekommen.

sd/ka/suc/ld (dpa, kna, epd)