Studie: Fluglinien verfehlen selbst gesteckte Klimaziele
21. November 2024Der weltweite Passagierluftverkehr hat einer Studie zufolge seine Klimaziele klar verpasst. Auch den deutschen Airlines ist es kaum gelungen, den Kerosinverbrauch abzusenken und damit den Ausstoß des Treibhausgases CO2 zu mindern. Auch gegen weitere Umweltschäden, etwa durch Kondensstreifen der Triebwerke, wurde zu wenig getan. Das geht aus einer Untersuchung der Umweltorganisation Atmosfair hervor, die auf der Klimakonferenz in Baku in Aserbaidschan vorgestellt wurde.
Demnach haben die internationalen Passagierairlines 2023 ihre CO2-Effizienz im Vergleich zum Vor-Corona-Jahr 2019 nur um knapp sechs Prozent verbessert, was etwa 1,4 Prozent jährlich entspreche. Es seien aber bei weiter wachsendem Flugaufkommen jedes Jahr 4,0 Prozent notwendig, um die in Paris vereinbarten Klimaziele zu erreichen, betonte Atmosfair. Damit verfehlten die Airlines der Studie zufolge zum ersten Mal sogar die aus Sicht von Umweltschützern unzureichenden Klimavorgaben der Luftfahrtorganisation ICAO von jährlich zwei Prozent CO2-Effizienzsteigerung.
Der Luftverkehr erreichte mit Blick auf die Passagierzahlen zuletzt wieder fast das Niveau der Vor-Corona-Zeit. "Das gilt leider nicht für die Klimabemühungen. Bei diesen haben die Airlines selbst gegenüber der schwachen Dekade vor der Pandemie weiter nachgelassen", so Atmosfair-Geschäftsführer Dietrich Brockhagen. "Die Klimawende im Flugverkehr lässt auf sich warten", bilanziert Brockhagen. "Unsere Zahlen zeigen, dass der Sektor beim Klimaschutz einfach zu langsam ist."
Erneuerbares Kerosin hat Seltenheitswert
Weil das Flugaufkommen 2023 laut Atmosfair "noch nicht ganz" auf Vor-Pandemie-Niveau lag, waren auch die CO2-Emissionen insgesamt zehn Prozent niedriger als 2019. Beim Passagieraufkommen wurde der Wert von vor der Corona-Krise mit 80 Prozent aber "fast genau" erreicht. Erneuerbares Kerosin etwa aus gebrauchten Speisefetten spiele noch kaum eine Rolle. Nur Air France habe sich durch die Nutzung von Biokerosin im Klima-Ranking von Atmosfair um zwei Plätze verbessern können.
Die Werte von Atmosfair beruhen auf dem CO2-Ausstoß einer Fluggesellschaft pro Kilometer und Passagier auf allen geflogenen Strecken. Ist ein Flugzeug voll ausgelastet, verfügt über viele Plätze und ist vergleichsweise modern, steigert das die Effizienz. Neue Flugzeuge dominieren jedoch bei keiner Fluggesellschaft die Flotte. Die beste Effizienzklasse A von insgesamt sieben Effizienzklassen (A-G) erreichte daher keine Airline in der Studie.
Zudem sind laut Atmosfair die Gesellschaften mit der Flottenmodernisierung kaum vorangekommen, obwohl moderne Triebwerke den Kerosinverbrauch um bis zu 30 Prozent senken können. Hintergrund sind hier Lieferschwierigkeiten bei den beiden dominierenden Herstellern Boeing und Airbus.
Drei deutsche Fluglinien fallen zurück
Fluglinien mit einer vergleichsweise alten Flotte fielen daher in dem Ranking zurück. Dazu gehört die Lufthansa, die von Rang 66 im Jahr 2019 auf Platz 97 absackte. Die deutsche Condor verschlechterte sich von 9 auf Platz 36 und die Tuifly von Platz 4 auf 14.
Die günstigsten Effizienzwerte erreichten die Tuifly Netherlands und die erst 2018 gegründete Airline Starlux aus Taiwan mit brandneuen Flugzeugen. Am besten unter den großen Linienfluggesellschaften schnitt die chilenische Airline LATAM ab. In der Europäischen Union liegt auch die spanische Fluggesellschaft Iberia vorne.
Nach wie vor Lieferprobleme
Die deutschen Fluggesellschaften trieben den Austausch älterer Modelle mit neuen Flugzeugen voran, teilte der Bundesverband der Deutschen Luftverkehrswirtschaft (BDL). Aufgrund anhaltender Lieferprobleme gehe das aber "langsamer vonstatten als geplant". Während die neue Generation von Fliegern auf einen Verbrauchswert von 2,1 bis 2,5 Liter pro Passagier auf 100 Kilometern komme, lag der Durchschnitt im Jahr 2023 unter den deutschen Airlines bei 3,44 Litern. 2019 waren es demnach 3,56 Liter.
Das Pariser Klimaabkommen von 2015 erfordert für das Ziel, die Erderwärmung auf 1,5 Grad Celsius zu begrenzen, dass CO2-Emissionen weltweit noch vor 2030 ihren Höchststand erreichen. Der Flugverkehr ist im Abkommen nicht direkt geregelt. Die ICAO beschloss 2010, dass die Treibstoff- und damit CO2-Effizienz jährlich um zwei Prozent steigen soll. Derzeit wird bei der Weltklimakonferenz in Baku über Fortschritte beim Schutz vor der Erderwärmung verhandelt.
kle/AR (dpa, rtr, afp)