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Politik

Studenten demonstrieren gegen Lukaschenko

1. September 2020

In den Ex-Sowjetrepubliken startet am 1. September traditionell das neue Schuljahr und Semester. Viele Studenten in Belarus zeigten am ersten Studientag, was sie von Staatschef Alexander Lukaschenko halten.

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Belarus Studenten protestieren in Minsk
Mit weiß-rot-weißen Landesflaggen zogen Studenten durch die Hauptstadt MinskBild: picture-alliance/dpa/S. Bobylev

Bei den Protesten der Studenten nahm die Polizei in der Hauptstadt Minsk wieder mehrere Menschen in Gewahrsam. Das Menschenrechtszentrum Wesna sprach von mehr als 30 Festnahmen. In Videos und auf Bildern war zu sehen, wie schwarz gekleidete Sicherheitskräfte die Studenten verfolgten und in Polizeibusse zerrten. 

Hunderte Studenten zogen friedlich mit den historischen weiß-rot-weißen Landesflaggen durch Minsk, die bei den Protesten der Opposition immer wieder geschwenkt werden. Einige verteilten Blumen. Auf Transparenten forderten sie die Freilassung politischer Gefangener. An den Hochschulen bezogen Streikposten Stellung. Aktionen gegen den umstrittenen Langzeitpräsidenten Alexander Lukaschenko und seine umstrittene Wiederwahl gab es auch in anderen Städten des Landes.

In Minsk beteiligten sich am Dienstagabend mehrere Hundert Frauen an einem Protestmarsch, wie Videos im Nachrichtenkanal Telegram zeigten. Die Polizei warnte eindringlich vor einer Teilnahme, schritt aber zunächst nicht ein. Die Sicherheitskräfte hatten während bisherigen Proteste meist nur Männer in Gewahrsam genommen.

Auch Industriebetriebe streiken

Am 1. September beginnt in den meisten Ex-Sowjetrepubliken traditionell das neue Schuljahr und Semester. Die Opposition hatte zudem zu landesweiten Streiks in den Staatsbetrieben aufgerufen. In einem Industriebetrieb in Grodno an der Grenze zum EU-Land Polen sei niemand zur Arbeit gekommen, berichtete das Internetportal "tut.by". Auch in einem Traktorenbetrieb in der Hauptstadt versammelten sich die Angestellten auf der Straße. Einige hielten Schilder hoch, auf denen "Solidarität" zu lesen war.

Unterdessen reagierte der autoritäre Staatschef auf die Sanktionen der Baltenstaaten gegen Belarus. "Wir werden versuchen, dieses Problem wirtschaftlich zu lösen", sagte Lukaschenko laut Staatsagentur Belta. Konkret könnte das Land demnach seine Waren nicht mehr über die baltischen Häfen auf die internationalen Märkte transportieren, sondern alternativ über die russischen, erläuterte er in Baranowitschi südwestlich von Minsk, wie er die Sanktionen zu umgehen sucht.

Lukaschenko droht mit Grenzschließung

"Stärkere Länder würden verstehen, dass man Belarus besser nicht ärgern sollte, da es die Grenzen bei Brest und Grodno" im Westen schließen könnte, so der 66-Jährige. Dann könnten besonders deutsche Güter nicht mehr so leicht in den Osten gelangen, warnte er.

Belarus Präsident Lukaschenko
Staatschef Alexander Lukaschenko warnte, "stärkere Länder" sollten Belarus besser "nicht ärgern"Bild: picture-alliance/AP Images/N. Petrov

Die Strafmaßnahmen der drei Baltenstaaten richten sich gegen 30 Personen, die für die mutmaßliche Fälschung der Präsidentenwahl in Belarus vor mehr als drei Wochen und für die Gewalt gegen friedliche Demonstranten verantwortlich gemacht werden. Auf der Liste der Außenministerien der drei EU-Länder steht demnach auch Staatschef Lukaschenko.

Seit der Präsidentenwahl kommt es täglich zu Protesten gegen Lukaschenko, der seit 26 Jahren an der Macht ist. Er hatte sich mit 80,1 Prozent der Stimmen zum Sieger erklären lassen. Ob die von der zentralen Wahlkommission genannten Zahlen stimmen, ist umstritten. Viele Menschen in dem zwischen Russland und Polen gelegenen Land sehen die Oppositionelle Swetlana Tichanowskaja als die wahre Siegerin der Wahl an. Sie ist ins EU-Land Litauen geflüchtet.

Belarus muss "Folter" von Demonstranten beenden

UN-Experten haben die Behörden in Belarus aufgefordert, die "Folter" von Demonstranten zu beenden und beteiligte Polizisten zur Rechenschaft zu ziehen. "Wir sind äußerst beunruhigt über hunderte Berichte über Folter und Misshandlung in Polizeigewahrsam", erklärten der UN-Sonderberichterstatter für Folter, Nils Melzer, sowie 14 weitere Menschenrechtsexperten der Vereinten Nationen in Genf.

nob/qu (dpa, rtr, ap, afp)