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Streitpunkt Kaliningrad

Sönje Storm / (Beitrag vom 11.6.2002) 29. März 2004

Die russische Enklave Kaliningrad kommt immer wieder auf die Tagesordung, sobald von der Erweiterung der EU und der NATO gen Osten die Rede ist: Die russische Exklave wäre nach der Erweiterung von EU-Grenzen umschlossen.

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Fische aus dem Baltischen Meer - die Haupthandelsware in KaliningradBild: AP

Das russische Gebiet um das ehemalige Königsberg liegt - abgetrennt vom Rest Russlands - an der Ostsee und ist direkter Nachbar der EU-Beitrittskandidaten Polen und Litauen.

Insel in der EU

Nach der Osterweiterung wird Kaliningrad zu einer kleinen russischen Insel in der EU. Seine Grenzen mit Polen und Litauen werden dann zu EU-Außengrenzen. Die sollen besonders gesichert sein und dürfen nur mit einem Visum überquert werden. Das bedeutet, dass die Kaliningrader künftig, wenn sie nach Kern-Russland reisen wollen, ein Visum brauchen, um das EU-Gebiet zu durchqueren. Bisher war das nicht notwendig.

Die Erweiterung der EU bedeutet aber nicht nur für die Kaliningrader Bürger ein neues Hindernis: Auch der Handel mit den anderen Teilen Russlands wird durch die EU-Grenze erschwert. Keine rosigen Aussichten für das Gebiet, das ohnehin wirtschaftlich schwach ist.

Korridor durch Polen

Die Russen wollen daher einen eigenen Korridor durch Polen und Litauen einrichten, um Kaliningrad mit dem russischen Kernland zu verbinden. Aus EU-Sicht ein Problem, wie Gunnar Wiegand, Sprecher des EU-Außenkommissars Chris Patten erläutert: "Wir haben hier ein sehr schwieriges Thema vor uns. Um es kurz zu sagen: Die Russen wollen Visafreiheit haben für den Transit von russischen Staatsbürgern durch Polen und Litauen ins russische Kernland. Das kann man psychologisch und politisch verstehen. Und deswegen nehmen wir das auch ernst."

Doch auch wenn die EU den Wunsch der Russen ernst nimmt: einen Korridor will sie nicht. Denn die EU-Außengrenzen sollen gut überwacht werden, da - gemäß dem Schengen-Abkommen - zwischen den einzelnen Mitgliedsländern der Union die Kontrollen abgeschafft sind. Ein Korridor durch Polen und Litauen würde aber eine Binnengrenze schaffen, die man wie eine Außengrenze sichern müsste. Zudem wäre das Baltikum vom Rest der EU territorial abgeschnitten.

Gegenvorschlag der EU

Der Vorschlag der EU lautet also: In Kaliningrad sollen Konsulate eingerichtet werden, die Visa schneller und einfacher als bisher erteilen, damit die Kalinigrader durch EU-Territorium reisen können. Aber die Reisebestimmungen sind nicht das einizige Problem. Die EU drängt darüber hinaus darauf, dass Russland ein so genanntes Wiederaufnahme-Abkommen unterzeichnet. Mit diesem Abkommen würde sich Russland verpflichten, illegal in die EU eingereiste russische Staatsbürger wieder aufzunehmen.

Angst vor Abschottung

Der Gouverneur von Kaliningrad, Wladimir Jegorow, ist empört und enttäuscht über Haltung der EU: Die Abschottung seines Gebietes sei - so wörtlich - eine "Katastrophe" und werde die russische Exklave in den Kollaps treiben. Die EU weist derartige Vorwürfe zurück: Der wirtschaftliche und soziale Aufbau Kaliningrads sei ein gemeinsames russisch-europäisches Ziel. Aber in der Hauptsache sei doch Russland für die schlechte Situation in der Exklave verantwortlich.

Bis zur EU-Erweiterung soll der Streit um Kaliningrad beigelegt sein. Mehrere Szenarien scheinen für die Zukunft der Region möglich: Die russische Exklave könnte - wie befürchtet - getrennt vom Rest Russlands weiter isoliert werden und dadurch wirtschaftlich und politisch noch mehr in Bedrängnis kommen. Dann entstünde ein Armenhaus unmittelbar an der Grenze zur EU. Oder aber der Inselstatus wird für Kaliningrad wird zu einer Chance, indem man darauf hin arbeitet, das Gebiet mehr in die EU einzubinden.