Müssen deutsche Soldaten die Scharia fürchten?
26. August 2017"Wir verhandeln noch über das Stationierungsabkommen", bestätigte das Verteidigungsministerium in Berlin, ohne auf Details einzugehen. Beschwichtigend wurde aber nachgeschoben: Die Verlegung der deutschen "Tornado"-Aufklärungsflugzeuge aus der Türkei nach Jordanien werde sich dadurch nicht verzögern. Das Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" berichtet in seiner aktuellen Ausgabe über einen anhaltenden Streit mit der jordanischen Führung über den Schutz der umziehenden Bundeswehr-Soldaten vor möglicher Strafverfolgung in dem arabischen Land. Denn dort gelten teilweise die Gesetze der Scharia und auch die Todesstrafe kann drohen.
Das islamische Recht
Bundesverteidigungsministerium und Berliner Außenamt versuchen demnach, in einem formellen Stationierungsabkommen den rund 250 deutschen Soldaten bei ihrem Einsatz volle Immunität vor Strafverfolgung garantieren zu lassen. Amman habe indes einer solch weitgehenden Lösung bisher nicht zugestimmt, schreibt "Der Spiegel".
In Jordanien gibt es neben der zivilen Gerichtsbarkeit auch islamische Gerichte mit der vom Koran inspirierten Scharia-Gesetzgebung. Die Zuständigkeit der Scharia-Gerichte beschränkt sich jedoch auf bestimmte Bereiche wie etwa das Familienrecht. Aber auch das säkulare Justizsystem sieht drakonische Strafen bis hin zu Todesurteilen vor.
Umzug schon im Gange
Wegen eines Streits mit der türkischen Regierung um Besuchsrechte deutscher Abgeordneter bei Bundeswehrsoldaten auf dem Stützpunkt Incirlik hatte die Bundesregierung Anfang Juni die Verlegung des deutschen Kontingents beschlossen. Schritt für Schritt wurde seitdem das umfangreiche Material für den Einsatz nach Jordanien verlagert.
Im Juli war ein Tankflugzeug der Bundeswehr erstmals vom Stützpunkt Muwaffak Salti gestartet. Die "Tornados" sollen im Herbst ihre Aufklärungsflüge im Rahmen des internationalen Militäreinsatzes gegen die Dschihadistenmiliz "Islamischer Staat" (IS) in Syrien und im Irak wieder aufnehmen.
Streitigkeiten über die Immunität sind für die Bundeswehr laut "Spiegel" nicht neu: 2016 habe es ähnliche Diskussionen mit Katar gegeben, wo deutsche Offiziere im Befehlsstand der Anti-IS-Koalition stationiert sind. Dort sei aber ein Kompromiss gefunden worden: Der Militärchef von Katar habe Bundeswehr-Generalinspekteur Volker Wieker versprochen, dass die deutschen Soldaten bei Gesetzesverstößen umgehend ausgeflogen statt vor ein katarisches Gericht gestellt würden.
Das Magazin zitiert "Bundeswehr-Kreise", die eine solche Lösung in Jordanien für unzureichend halten. Dort seien viel mehr Soldaten stationiert und diese vermutlich viel häufiger in ihrer Freizeit auch außerhalb des Camps unterwegs.
SC/as (afp, dpa, Spiegel)