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Wie heizt Deutschland in Zukunft?

10. März 2023

In der deutschen Regierung wird über klimafeindliche Öl- und Gasheizungen gestritten. Wirtschaftsminister Habeck will neue Anlagen schon ab 2024 verbieten.

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Ein Heizungsmonteur montiert eine Wärmepumpe
Wärmepumpen sind zwar klimaschonend, aber teuer - zudem fehlt das FachpersonalBild: VdZ/picture alliance

Der deutsche Bundeswirtschafts -und Klimaschutzminister Robert Habeck (Grüne) macht ernst: Von Anfang nächsten Jahres an will er neue Öl -und Gasheizungen in Deutschland mehr oder weniger verbieten. Aus Klimaschutzgründen, aber auch, weil Öl und Gas nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine vor gut einem Jahr ein kostbares Gut geworden sind.

Die Wende auch bei der Wärmeversorgung der Wohnungen in Deutschland sei "zwingend", sagte Habeck Mitte der Woche in Berlin. Deutschland müsse bei der Umstellung auf erneuerbare Energien "in kurzer Zeit nachholen", was in den vergangenen Jahren nicht gemacht worden sei. Anders seien weder die gesetzlich festlegten Klimaziele noch die wohlstandssichernde Transformation der deutschen Wirtschaft erreichbar.

Teure Wärmepumpen statt Öl und Gas

Konkret gemeint ist damit, dass strombetriebene Wärmepumpen die alten Heizungen ersetzen sollen. Wobei der Strom für diese Pumpen aus erneuerbaren Quellen etwa von Windrädern oder Solaranlagen kommen soll. In Berlin sagte Habeck am Donnerstag: "Wenn wir unseren Sonntagsreden ein bisschen, ein bisschen Glauben schenken, dann kann das so nicht bleiben."

Etwas beschwichtigend teilte Habeck dann in einer weiteren Pressemitteilung seines Hauses mit: "Niemand rennt in den Keller und reißt das raus." Gemeint sind die alten Gas-und-Öl -Heizungen, die der Minister so gern ersetzen möchte.

80 Prozent heizen mit fossilen Energien

Starker Tobak trotzdem. Eigentlich hatte die Koalition bei ihrem Start 2021 vereinbart, den Schritt mit dem Verbot neuer Öl- und Gasanlagen erst Anfang 2025 zu gehen.

Im Bildmittelpunkt eine Gastherme, zwei Hände greifen links und rechts an die Anlage.
Reparatur einer Gastherme: Neue Anlagen will der Wirtschaftsminister schon bald verbietenBild: dorapics/Shotshop/IMAGO

Aber in einer Presseerklärung des Habeck- Ministeriums heißt es jetzt dazu: "Mehr als 80 Prozent der Wärmenachfrage wird aktuell noch durch die Verbrennung von fossilen Energieträgern gedeckt. Dabei dominiert das Erdgas im Gebäudewärmebereich. Über 40 Prozent des in Deutschland verbrauchten Erdgases verbrennen wir jährlich, um unsere Gebäude zu beheizen und mit warmem Wasser zu versorgen. Von den rund 41 Millionen Haushalten in Deutschland heizt nahezu jeder zweite mit Erdgas."

Wärmepumpen kosten bis zu 25.000 Euro

Rund die Hälfte der Haushalte sind also noch von Gas und Öl abhängig. Auf Alternativen umzustellen, ist kostspielig und für viele Menschen schlicht nicht leistbar. Zwischen 11.000 und sogar 25.000 Euro kostet eine Wärmepumpe etwa für ein Einfamilienhaus. Eine große Investition, auch wenn der Staat bis zu 40 Prozent der Kosten zuschießt.

Alle wollen Wärmepumpen, warum?

Habecks Plan geht also über den Koalitionsvertrag hinaus, den SPD, Grüne und die wirtschaftsnahe FDP im Dezember 2021 beschlossen hatten: Darin war vereinbart worden, dass alle neuen Heizungsanlagen ab 2025 ihre Heizwärme zu mindestens 65 Prozent aus erneuerbaren Energien erzeugen müssen. Dies ist Experten zufolge mit Öl- und Gasanlagen nicht machbar, sondern nur mit alternativen Anlagen wie etwa Wärmepumpen oder Fernwärme.

Und dann kam auch noch der Krieg in der Ukraine, der alle Fragen zur Energieversorgung in Deutschland auf den Prüfstand stellte. Im Rekordtempo konnte sich Deutschland nahezu vollständig von russischen Importen von Öl und Gas lösen, wenn auch um den Preis stark gestiegener Energiepreise.

Neuer Streit mit der FDP

Habecks Pläne riefen jetzt aber den Koalitionspartner FDP auf den Plan. Deren Fraktionschef im Bundestag, Christian Dürr, sagte prompt: "Pauschale Verbote halte ich für falsch, stattdessen sollten wir ergebnisoffen bleiben und dafür sorgen, dass auch klassische Heizungen in Zukunft klimaneutral betrieben werden können." Wieder einmal deutet sich im Regierungsbündnis ein offener Konflikt zwischen den Grünen und der FDP an.

Christian Lindner (FDP) und Robert Habeck (Buendnis 90/Die Gruenen) im Bundestag stehend vor der Regierungsbank.
Auf Konfrontationskurs: Finanzminister Christian Lindner und Wirtschaftsminister Robert HabeckBild: Florian Gaertner/photothek/IMAGO

Zwei große Probleme stellen sich dabei für Habeck: Wärmepumpen sind teuer, Habeck will die Kosten für Hausbesitzer und auch Mieter durch ein milliardenschweres Förderprogramm dämpfen. Wie groß genau dieses Programm werden soll, ließ er noch offen. Problem Nummer Zwei: Es fehlen Fachkräfte, sowohl für den massenhaften Neueinbau von Wärmepumpen, als auch etwa in der Solarindustrie, die aktuell ein Defizit von rund 200.000 Stellen beklagt.

Lindner bremst bei der Haushaltsverkündung 

Und klar scheint auch zu sein:  Der grüne Minister eckt vor allem bei Finanzminister Christian Lindner an. Zwischen Lindner und Habeck herrscht nämlich auch aus anderen Gründen gerade dicke Luft: Offen hatte sich Habeck etwa gegen eine Vorfestlegung zur Erhöhung des Verteidigungsetats geäußert.

Lindner wiederum verschob am Freitag den Beschluss des Bundeskabinetts über die Eckwerte für den Haushalt des kommenden Jahres, der eigentlich für den kommenden Mittwoch fest vereinbart war. Und ließ seinen Staatssekretär Florian Toncar erklären: "Die Ausgabenwünsche vieler Ressorts sind weiterhin deutlich zu hoch oder es fehlt an Einsparungen an anderer Stelle, um neue Schwerpunkte setzen zu können." 

Damit dürfte, nicht schwer zu erraten, auch Habeck gemeint sein. Immerhin: Der ehrgeizige Minister bekam am Donnerstag Rückendeckung von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), der in Berlin sagte: "Ab 2024 werden wir jedes Jahr 500.000 neue Wärmepumpen installieren."