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Strategiesuche der EU gegenüber Serbien und Kosovo

17. Januar 2008

Im Vorfeld der Präsidentschaftswahlen in Serbien und der danach erwarteten Unabhängigkeitserklärung des Kosovo laufen in der EU die Beratungen über das weitere Vorgehen auf Hochtouren.

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Brüssel sucht Lösungen für beide SeitenBild: Fotomontage/DW

Slowenien hat sich ein Thema zur großen Aufgabe seiner EU-Ratspräsidentschaft gemacht: den Kosovo-Konflikt, eines der akutesten Probleme Europas. Kommenden Samstag (19.1.) sollen die Beratungen mit der Kosovo-Kontaktgruppe beginnen. Kurz vor den Präsidentschaftswahlen in Serbien wollen sich die europäischen Mitglieder der Kosovo-Kontaktgruppe in Slowenien zu Gesprächen über die Zukunft der nach Unabhängigkeit strebenden serbischen Provinz treffen. Am Samstag sollen unter Leitung der slowenischen EU-Ratspräsidentschaft die Außenminister Deutschlands, Frankreichs, Großbritanniens und Italiens sowie der EU-Außenbeauftragte und der EU-Erweiterungskommissar beraten, wie der Übergang Kosovos in die Unabhängigkeit auch gegen serbischen Widerstand gestaltet werden kann.

Die USA und Russland, die ebenfalls Mitglieder der Kontaktgruppe sind, werden bei dem Treffen offenbar nicht vertreten sein. Die USA treten für eine schnelle Unabhängigkeit der mehrheitlich von albanisch-stämmigen Menschen bewohnten Provinz ein. Russland lehnt jede Lösung für Kosovo ab, der Serbien nicht zustimmt.

Geschlossenheit bei EU-Mission

Der slowenische Außenminister Dimitri Rupel möchte eine staatliche Anerkennung Kosovos in mehreren Wellen organisieren. Zusammen mit den USA sollen zunächst große EU-Staaten wie Deutschland und Frankreich den neuen Staat im Februar oder März anerkennen. Dann sollen kleinere und skeptische Staaten wie Zypern oder Spanien folgen. Am Ende bleibt es jedem EU-Mitglied selbst überlassen, ob und wann es Kosovo als Staat anerkennt. Denn es handelt sich um einen völkerrechtlichen Akt zwischen Staaten. Die EU als Organisation spielt keine juristische Rolle.

Politisch geschlossen agieren die Europäer allerdings nicht. Ein außenpolitischer Rückschlag, wie EU-Diplomaten einräumen. Wenigstens soll beim nächsten regulären Außenministertreffen der EU am 28. Januar die zivile Aufbaumission für Kosovo einstimmig beschlossen werden. Die EU will 2000 Beamte, Richter und Polizisten entsenden.

Entgegenkommen gegenüber Serbien

Gleichzeitig will die Europäische Union Serbien so weit wie möglich entgegen kommen. Die slowenische Ratspräsidentschaft möchte erreichen, dass noch vor der zweiten Runde der Wahlen in Serbien Anfang Februar das Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen mit Serbien (SAA) unterzeichnet wird. Es stellt einen wichtigen Schritt auf dem Weg zur Mitgliedschaft in der EU dar. Belgien und die Niederlande lehnen die Unterzeichnung aber ab, da Serbien die gesuchten mutmaßlichen Kriegsverbrecher Mladic und Karadzic noch immer nicht ausgeliefert hat.

Der slowenische Außenminister Rupel will den neuen Chefankläger des zuständigen Kriegsverbrechertribunals, den Belgier Serge Brammertz, in Den Haag dazu bewegen, Serbien trotzdem die „vollständige Zusammenarbeit“ mit dem Tribunal zu bescheinigen. Denn nur die wird in den Beschlüssen der EU gefordert. Dimitri Rupel sagte, es komme eben darauf an, wie man vollständige Zusammenarbeit auslege. Mit diesen Schritten versucht die slowenische Ratspräsidentschaft offenbar, serbische Reaktionen auf die absehbare Unabhängigkeit des Kosovo abzumildern.

Belgrad plant Blockade

Die serbische Regierung plant eine wirtschaftliche Blockade des Kosovo und eine Unterbrechung der Energielieferungen. Die Grenze zu Kosovo könnte für Reisende geschlossen werden. Serbische Diplomaten könnten aus Staaten zurück gerufen werden, die Kosovo anerkennen. Dies würde also auch die meisten EU-Staaten betreffen. Das wiederum würde nicht mit dem Bestreben zusammen passen, dass Serbien Mitglied der Union werden soll. EU-Diplomaten in Brüssel weisen auf die äußerst komplizierte diplomatische Lage hin. Und das alles vor dem Hintergrund, dass Kosovo und Serbien sich trennen, um doch irgendwann in der EU wieder als Mitglieder vereinigt zu werden.

Die EU rechnet damit, dass unmittelbar nach den Wahlen in Serbien die neue Regierung des Kosovos die staatliche Unabhängigkeit einseitig ausrufen wird. Ob sie dann sofort oder erst nach einer Übergangsfrist in Kraft treten soll, ist nicht ganz klar.

Bernd Riegert