Strafgerichtshof wegen Abu Akle angerufen
6. Dezember 2022Der arabische Fernsehsender Al-Dschasira will den Fall der getöteten Journalistin Schirin Abu Akle vor den Internationalen Strafgerichtshof bringen. Entsprechende Unterlagen sei nach einer Prüfung durch das Rechtsteam des Senders eingereicht worden, teilte Al-Dschasira auf Twitter mit. Der IStGH müsse die Personen identifizieren, die direkt an der Tötung Abu Akles beteiligt gewesen seien, sagte Al-Dschasira-Anwalt Rodney Dixon auf einer Pressekonferenz am Sitz des Gerichts in Den Haag.
Die Zuständigkeit des IStGH erstreckt sich grundsätzlich auf die vier Tatbestände Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Kriegsverbrechen und Verbrechen der Aggression, sofern der oder die mutmaßlichen Täter nicht bereits vor nationalen Gerichten zur Verantwortung gezogen wurden. Israel ist dem sogenannten Rom-Statut des IStGH allerdings nicht beigetreten. Die Palästinenser haben den Vertrag zwar unterzeichnet, bilden aber keinen souveränen Staat.
Weste mit der Aufschrift "Presse"
Die palästinensisch-amerikanische Journalistin Abu Akle war im Mai bei einem Einsatz des israelischen Militärs gegen Palästinenser im besetzten Westjordanland erschossen worden. Die Umstände sind umstritten. Die Palästinenser machen Israel verantwortlich und sprechen von einer gezielten Tötung. Die 51-Jährige trug einen Helm sowie eine Weste mit der Aufschrift "Presse".
Das israelische Militär erklärte zuletzt, dass Abu Akle wahrscheinlich unbeabsichtigt von einem israelischen Soldaten erschossen worden sei, aber auch von einem Palästinenser getroffen worden sein könnte. Al-Dschasira nennt diese Darstellung "haltlos". Der Sender mit Sitz in Katar erklärte, Zeugenaussagen und Videoaufnahmen zeigten, dass "von israelischen Besatzungskräften direkt auf Schirin und deren Kollegen geschossen wurde".
"Niemand wird uns über die Moral des Kampfes belehren"
Der amtierende israelische Ministerpräsident Jair Lapid lehnte in einer ersten Reaktion auf die Klage eine Befragung israelischer Soldaten von ausländischer Seite ab. Niemand werde israelische Soldaten befragen, "und niemand wird uns über die Moral des Kampfes belehren, schon gar nicht der Sender Al-Dschasira", sagte Lapid.
Ermittlungen zu dem Fall waren vor wenigen Wochen auch in den USA aufgenommen worden. Israels Verteidigungsminister Benny Gantz teilte damals mit, sein Land werde "nicht im Rahmen einer externen Untersuchung kooperieren und keine Einmischung in interne Untersuchungen zulassen".
jj/qu/rb (dpa, afp, rtr)