1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Stiller Realist: Andreas Dresen

4. September 2009

Der Regisseur ist einer der erfolgreichsten Deutschlands. Er seziert in seinen Filmen die Normalität des Alltags. Ohne dabei seinen Humor zu verlieren.

https://p.dw.com/p/JO9W
Andreas Dresen präsentiert in Karoly Vary seine Auszeichnung für "Whiskey mit Wodka" (dpa)
Ausgezeichnet: Andreas DresenBild: picture-alliance/ dpa

Andreas Dresen ist der sanfte Realist unter Deutschlands Regisseuren. Wenn Tom Tykwer für die großen und teuren Stoffe mit internationalem Flair steht, Hans-Christian Schmid seine psychologischen Gesellschaftsstudien thematisch nicht festlegt und Caroline Link für kraftvolle Melodramen zuständig ist, dann ist Dresen der Mann für die Alltäglichkeiten des Lebens. Dabei sind es meist die sogenannten "kleinen Leute", die im Focus seiner Arbeit stehen.

Durchbruch mit "Nachtgestalten"

Mann und Junge vor Gitter sitzend (die Schauspieler Michael Gwisdek und Ricardo Valentim)
Nachtgestalten: Gwisdek und ValentimBild: dpa

Seit nunmehr zehn Jahren liefert Dresen verlässlich Filme, die sowohl beim Publikum reüssieren als auch bei der Kritik punkten. "Nachtgestalten", sein zweiter Kinofilm, bedeutete 1999 den Durchbruch für ihn: Ein Episodenfilm im nächtlichen Berlin, eine Handvoll Charaktere, kein Typen, die auf der Sonnenseite des Lebens stehen, Randexistenzen zum Teil, liebevoll gezeichnet, dabei wurden die Härten des Alltags nicht ausgeblendet. Dann "Die Polizistin", ein Jahr später schon, ein Fernsehfilm eigentlich, der so gut ankam, dass er auch noch die große Leinwand erreichte.

Sensibler Charakter-Regisseur

Mann und Frau vor Hochhaussiedlung, der Mann trägt einen Vogelkäfig (die Schauspieler Axel Prahl und Steffi Kühnert) (Verleih)
Wer sitzt denn hier im Käfig? Axel Prahl und Steffi Kühnert in "Halbe Treppe"Bild: picture-alliance/dpa

Hier war es ein einzelner Charakter, eine ganz normale Polizeibeamtin, die von Dresen psychologisch genau beobachtet wurde in ihrem Alltag, der so gar nichts von sonstigen reißerischen Genre-Kriminalfilmen hatte. "Halbe Treppe", 2001 mit dem kongenialen Axel Prahl in einer Hauptrolle, wurde dann zu dem Film, der einem größeren Kreis bewusst machte, dass hier ein deutscher Regisseur zu einer ganz eigenen Handschrift gefunden hatte. Sein Markenzeichen: Einzelne Charaktere werden lebensnah gezeichnet, in einem sehr präzise beschriebenen sozialen Milieu verortet, das Ganze mit Humor und Witz gewürzt.

Prägende Erfahrung an der Filmhochschule

In Gera gebürtig, hatte Dresen sein Handwerk an der Berliner Hochschule für Film und Fernsehen "Konrad Wolf" vor und während der Wendejahre gelernt. Vielleicht ist das auch die Erklärung dafür, dass sich dieser Regisseur einen Blick auf die Menschen bewahrt hat, der immer auf Augenhöhe bleibt, der aber Raum lässt für eine gewisse Ironie, einen hintergründigen Blick auf das Geschehen. Dabei macht Dresen sich nie lustig über seine Charaktere, neigt nicht zu Sarkasmus und zynischen Ausfällen wie so mancher Regiekollege aus dem Westen.

Erfolg bei Kritik und Publikum

Zwei Frauen mit dem Kopf aneinander (die Schauspieler Inka Friedrich und Nadja Uhl) (dpa)
Frauenpower: Inka Friedrich und Nadja UhlBild: dpa - Bildfunk

"Sommer vorm Balkon" war im Jahr 2006 Dresens bisher größter Publikumserfolg, auch der stand in dieser Tradition. Zwei Frauen, eine Altenpflegerin und eine Arbeitslose, stemmen sich gegen das Schicksal - die Mischung aus Melancholie, sozialer Härte und Humor stimmte auch hier. Mit "Wolke 9" betrat Dresen dann neues Terrain, die Liebesgeschichte eines Paares über 70 wurde von Dresen sehr freizügig in Szene gesetzt. Auch das kam an, bei Publikum und Kritik. Der "Deutsche Filmpreis" für die beste Regie ergänzte seine Sammlung mit Auszeichnungen bei Festivals und Preisgalas.

Ein Schauspieler in der Krise

Zwei Männer in zwei Strandkörben (Henry Hübchen und ein anderer Darsteller) (Central Film Verleih)
Ausruhen nach dem Stress beim Dreh: Henry Hübchen und Kompagnon in "Whisky mit Wodka"Bild: Central Film

Dresens neuer Film "Whisky mit Wodka" dürfte die Erfolgsstory dieses überaus begabten Regisseurs fortsetzen. Der alternde, alkoholabhängige Schauspieler Otto Kullberg (gespielt von Henry Hübchen) steht in der Tradition der kauzigen, sympathischen Verlierertypen, für die Dresen inzwischen ein so sicheres Gespür entwickelt hat. Dabei half ihm zum zweiten Mal der alte Drehbuchhaudegen Wolfgang Kohlhaase, der für so manche Meisterleitung vor allem des DDR-Kinos zuständig war.

Mit leichter Hand ohne Moralkeule

Andreas Dresen hat sich zum sensiblen Zeitbeobachter des Deutschen Kinos entwickelt. Vor allem sein Talent, schwierige und an sich traurige Geschichten mit leichter Hand und ohne den berühmten erhobenen Zeigefinger der Moral zu inszenieren, zeichnet ihn aus. Sozialkritik mit intelligentem Humor zu verbinden - das kann in Deutschland kaum ein anderer so gut wie der heute in Potsdam lebende sympathische Andreas Dresen.

Autor: Jochen Kürten
Redaktion: Conny Paul