Bonner Bundeskunsthalle zeigt "Malerfürsten"
28. September 2018Schwere Perserteppiche und ein Eisbärenfell bedecken Boden, Wände und Sitzmöbel. Fertig gemalte Gemälde im verzierten Goldrahmen stehen sorgsam arrangiert zwischen einem ausgestopften Pfau, einer Hirschgeweihlampe und Skulpturen. Farbkleckse und Werkstatt-Atmosphäre sucht man vergeblich. Die ausgebleichte Fotografie von 1884 zeigt das Atelier des Wieners Hans Makart. Es gleicht eher einer opulenten Theaterkulisse - eben ein typisches Malerfürsten-Atelier.
Wie Makart in Wien gedieh auch in anderen europäischen Metropolen Ende des 19. Jahrhunderts eine ganz besondere Künstlerspezies. In ihren Gesellschaften galten sie als Stars, als "Malerfürsten". So hat die Bundeskunsthalle denn auch ihre neueste Ausstellung benannt. Die Schau schlägt ein besonderes Kapitel der Kunstgeschichte auf, deren sieben wichtigste Protagonisten noch heute wohlklingende Namen haben - Frederic Lord Leighton, Hans Makart, Jan Matejko, Mihaly von Munkacsy, Franz von Lenbach, Friedrich August von Kaulbach und Franz von Stuck.
Reiche Malerfürsten mit Einfluss
Dank der Kuratorinnen Doris Lehmann und Katharina Chrubasik halten sie nun erstmals gemeinsam Hof. Denn die Facette der Malerfürsten sei bis heute "ausgeblendet worden", sagt Lehmann. Gemeint ist: Einige Künstler jener Zeit gelangten zu Reichtum. Sie verkehrten als einflussreiche Persönlichkeiten mit Adel und Prominenz. Sie residierten in schlossähnlichen Gebäuden. Franz von Stucks 1898 bezogene Villa in der Münchner Prinzregentenstraße etwa verband Elemente aus Antike und Orient und war ein Gesamtkunstwerk aus Architektur, Skulptur und Malerei. Kaulbachs Villa am Englischen Garten orientierte sich an Vorbildern aus der Renaissance. Lenbach baute nach dem Muster toskanischer Villen.
Ruhmsteigernd bedienten die Maler den Trend zum Historismus. Manch einer steckte seine Modelle in Kostüme aus der Antike oder Renaissance oder malte sie in Szenen aus der antiken Mythologie. Überhaupt waren Allegorien beliebt - wie etwa Makarts "Frühling". Das monumentale Gemälde ist eines der Highlights der Ausstellung. Es zeigt Makarts Ehefrau Bertha als grazile Mischung aus Quellnymphe, Flora und Venus. So verschieden die Lebensläufe der sieben Künstler, was alle verband, war ihr fürstlicher Lebensstil: Munkacsy wohnte in einem Stadtpalais, Leighton stattete sein Haus im Londoner Stadtteil Kensington mit Fliesen aus dem Nahen Osten aus und ließ es um eine prächtige "Arab Hall" erweitern. Die Pläne sind in der Ausstellung zu bestaunen.
Geschickte Vermarktung
Andere inszenierten nicht nur sich selbst, sondern gleich noch ihre Familien. Da schlüpften Ehefrau und Kinder flux in Rollen und Kostüme. Denn die Familiengemälde gehörten zur Öffentlichkeitsarbeit, mit der sich die Künstler ihre Position systematisch erarbeiteten. Sie entwickelten sich zur Marke.
Zur Selbstvermarktung zählten auch Einladungen. So bat Leighton regelmäßig zur Dinnerparty. In Munkacsys Salon spielte Franz Liszt für ein ausgesuchtes Publikum. Beliebt waren auch Kostümfeste, wie Makart sie veranstaltete - und anschließend im verkäuflichen Gemälde festhielt.
Seine Blütezeit hatte der Kult um die Malerfürsten Ende des 19. Jahrhunderts, als etwa Kaulbach mit der Zarenfamilie frühstückte oder Lenbach mit Großherzog Friedrich I. von Baden spazieren ging. Doch aus Sicht der Kunstgeschichte blieb die Zeit der Malerfürsten nur eine Episode. Der Erste Weltkrieg beendete die Ära. Was blieb, waren Maler, nicht Malerfürsten.
sd/pg (epd/KNA/dpa/Bundeskunsthalle)