Steinmeier will "dunkles Kapitel" mit Tansania aufarbeiten
31. Oktober 2023Deutschland und Tansania wollen ihre Beziehungen weiter ausbauen und dabei auch die gemeinsame Vergangenheit in den Blick nehmen. Das haben Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und die tansanische Präsidentin Samia Suluhu Hassan vereinbart.
Beide Regierungen arbeiteten seit 60 Jahren gut zusammen, die Bundesrepublik sei ein "verlässlicher Freund und Partner", sagte Hassan nach einer Begegnung mit ihrem Gast in Daressalam. Es gebe aber noch Ausbaupotenzial, etwa bei Handel und Investitionen. Steinmeier sagte zu der von Unterdrückung, Ausbeutung und Gräueltaten geprägten Kolonialvergangenheit Deutschlands in Ostafrika: "Mir ist es wichtig, dass wir dieses dunkle Kapitel gemeinsam aufarbeiten."
Hassan ist seit zweieinhalb Jahren im Amt. Die 63-Jährige gilt aus Berliner Sicht als Hoffnungsträgerin. Nach dem autokratischen Kurs ihres Vorgängers John Magufuli stärkte sie die Bürgerrechte. So wurde beispielsweise das jahrelang geltende Demonstrationsverbot aufgehoben, Zeitungen erhielten ihre Lizenzen zurück, inhaftierte Oppositionsführer wurden freigelassen. Menschenrechtsorganisationen wie Amnesty International sehen allerdings noch immer erhebliche Defizite.
Starke Volkswirtschaft im Subsahara-Raum
Tansania gilt als politisch stabil; es hat eine der stärksten Volkswirtschaften im Subsahara-Raum. Für das laufende Jahr wird mit einem Wirtschaftswachstum von 4,9 Prozent gerechnet. Die Landesfläche ist etwa zweieinhalbmal so groß wie die der Bundesrepublik, doch die Einwohnerzahl ist mit 65 Millionen deutlich kleiner. Daressalam war bis 1974 Hauptstadt und ist weiterhin Sitz der Regierung.
Von 1885 bis 1918 bestand die Kolonie Deutsch-Ostafrika, deren Gebiet im Wesentlichen die heutigen Staaten Tansania, Burundi und Ruanda umfasste. Historiker schätzen, dass im Verlauf des Maji-Maji-Aufstands gegen die deutschen Kolonialherren zwischen 1905 und 1907 bis zu 300.000 Menschen getötet wurden. Steinmeier will am Mittwoch in die Stadt Songea reisen, um Gräber der Opfer zu besuchen und deren Nachfahren zu treffen.
jj/djo (dpa, afp)