Steinmeier steht zum Baltikum
23. August 2017Für das deutsche Staatsoberhaupt war das Anlass genug, bei seinem Besuch in Estland den baltischen Staaten Beistand im Konflikt mit Russland zuzusichern. Waren doch Estland, Lettland und Litauen durch den damaligen Pakt zwischen Hitler-Deutschland und der Sowjetunion in die Mühlen der sowjetischen Annexion geraten. Das ist zwar Geschichte und die Sowjetunion ist zerfallen, doch die Angst im Baltikum vor Russland ist weiterhin präsent - besonders seit der Krimkrise. Moskau hatte die ukrainische Schwarzmeer-Halbinsel 2014 annektiert. In der Folge stieg auch die Sorge im Baltikum vor einem neuerlichen militärischen Vorgehen des Nachbarn Russland.
Daher verurteilte Steinmeier auch die völkerrechtswidrige Annexion der Krim ebenso wie verdeckte Einmischungen und gezielte Desinformation durch Moskau.
Die baltischen Staaten nehmen dies wohlwollend zur Kenntnis. Lettlands Außenminister Edgars Rinkevics hat Steinmeiers Besuch im Baltikum daher als wichtiges Zeichen bewertet. Die Visite sei ein "klares und eindeutiges Signal", dass Deutschland an einer Kooperation mit Lettland, Estland und Litauen interessiert sei, sagte Rinkevics der Tageszeitung "Diena".
"Strategische Bedeutung"
Für den lettischen Politologen Karlis Dauksts ist Steinmeiers Besuch "perspektivisch von strategischer Bedeutung". "Meiner Meinung nach wird dieser Besuch einen neuen Wendepunkt in den transatlantischen Beziehungen wie auch in Bezug auf die sich verändernde Rolle der USA in Osteuropa bringen", sagte er dem Blatt.
Steinmeier warnte vor der Rückkehr zu einer "zynischen Politik der Einflusszonen und von Großmächten, die sich Staaten und Völker untertan machen wie Figuren auf dem Schachbrett." Vor dem Zweiten Weltkrieg hatten Deutschland und die Sowjetunion im August 1939 ihre Interessensphären in Ostmitteleuropa aufgeteilt.
Steinmeier erinnert
Steinmeier erinnerte aber auch an den Vernichtungskrieg von Nazi-Deutschland gegen die Sowjetunion. Zu den Lehren aus der Geschichte gehöre deshalb auch die Verantwortung, "nie wieder Sprachlosigkeit und blinde Feindschaft zu Russland zuzulassen."
Der Bundespräsident will im Rahmen seiner Visite in der lettischen Hauptstadt Riga das Okkupationsmuseum besuchen, das an die rund 50 Jahre währende Besetzung der baltischen Staaten erinnert. Am Freitag trifft Steinmeier in Litauen mit Bundeswehr-Soldaten zusammen, die dort zur Stärkung der Nato-Ostflanke im Einsatz sind. Die ehemaligen Sowjetrepubliken Estland, Lettland und Litauen gehören seit 2004 sowohl der EU als auch der NATO an.
cgn/sti (afp, dpa)