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Politik

Föderalismus unter verschärfter Beobachtung

12. Februar 2021

Der Bundesrat hält seine 1000. Sitzung ab. Bundespräsident Steinmeier würdigte dabei die Länderkammer als "Bollwerk unserer arbeitenden Demokratie".

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Bundesrat - 1000. Sitzung | Bundespräsident  Steinmeier
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier spricht in der 1000. Sitzung im Deutschen Bundesrat Bild: Fabrizio Bensch/Reuters/picture alliance

In seiner Ansprache vor dem Bundesrat in Berlin rief der Bundespräsident die Verantwortlichen in Bund und Ländern auf, bei der Bewältigung der Corona-Pandemie zusammenzuarbeiten. Das Vertrauen der Menschen in diesen Krisentagen bemesse sich "an der gemeinsamen Fähigkeit, die Pandemie in den Griff zu bekommen", betonte Frank-Walter Steinmeier. In einer solchen Lage sei der Streit unvermeidbar. "Unser Feind sitzt nicht in Staatskanzleien oder Pharmakonzernen, nicht in Brüssel oder Berlin", sagte der Bundespräsident. "Unser Feind ist das vermaledeite Virus." Gerade in Krisenzeiten, in denen 16 Länder mit 16 Corona-Verordnungen auf die Herausforderung der Epidemie antworteten, befinde sich der deutsche Föderalismus "unter verschärfter Beobachtung". In Krisenzeiten stehe "die Leistungsfähigkeit des Staates besonders auf dem Prüfstand".

Der Kampf gegen die Pandemie dürfe nie zum Schwarze-Peter-Spiel zwischen den staatlichen Ebenen werden. Nicht sie seien Gegner, der gemeinsame Feind sei das Virus. Allen die in den Ländern, im Bund und auch in Europa politische Verantwortung tragen, rufe er zu: "Gelingt uns der Kampf gegen das Virus, gewinnen alle. Verlieren wir ihn, verlieren alle", sagte Steinmeier.

Handlungsfähigkeit bewiesen

Demokratie gelinge nicht trotz der unterschiedlichen Sichtweisen, "sondern erst dank des Zusammenwirkens und des Ausgleichs all dieser legitimen Perspektiven und Interessen", betonte das Staatsoberhaupt. Diese Ordnung habe mehr als einmal ihre Handlungsfähigkeit bewiesen, zuletzt in der Finanzkrise und der sogenannten Flüchtlingskrise, erinnerte der Bundespräsident. Gegenwärtig werde die Geduld der Menschen auf eine nie dagewesene Probe gestellt. "Der Lockdown zehrt an uns, die Nerven liegen blank", sagte Steinmeier. Dabei erinnerte er an die mehr als 60.000 Menschen, die dem Virus bereits zum Opfer gefallen seien, an die Erkrankten und die Gefährdung vieler wirtschaftlicher Existenzen.

Bundesrat - 1000. Sitzung
Blick ins Plenum des Bundesrats bei der 1000. Sitzung in BerlinBild: Fabrizio Bensch/Reuters/picture alliance

Auch in dieser schwierigen Lage aber lebe die Demokratie von starken Institutionen, von "Debatte und Überzeugung, Vernunft und Wille zur Wahrheit". "Demokratie heißt ausgehandelte Gemeinsamkeit", sagte Steinmeier. Der heutige Föderalismus in Deutschland sei daher auch "Ausdruck zutiefst antiautoritärer und antizentralistischer Überzeugungen", erklärte Steinmeier. Er sei zudem nicht starr, sondern begleitet von einer stetigen Debatte über Verbesserungen, etwa bei den Finanzbeziehungen, in der Bildungspolitik oder wie die Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse in allen Teilen der Republik erreicht werden könne.

Lob für den "Alleskönner"

Der Bundespräsident würdigte zugleich den großen Beitrag des Gremiums "zum Gelingen unserer Demokratie". Steinmeier fügte hinzu: "Der Bundesrat hat viel beigetragen zur Stabilität der deutschen Demokratie." Er sei ein "verfassungspraktischer Alleskönner", der Bund und Länder, Exekutiven und Legislative, Politik und Verwaltung, Parteien und Koalitionen miteinander verzahne.

Steinmeier betonte, Föderalismus bedeute vor allem Machtbegrenzung. Die Staatsgewalt sei auch vertikal geteilt. Dass die Länder bei der Gesetzgebung und der Verwaltung des Bundes mitredeten, bedeute, dass vieles nur im Einvernehmen entschieden werde - "kurzum, dass niemand rücksichtslos durchregieren kann", sagte der Bundespräsident. "Unserer starken, föderalen, demokratischen Ordnung verdanken wir Deutschen viel - und um diese Ordnung müssen wir uns gemeinsam kümmern."

Haseloff würdigt Bundesrat als Bindeglied

Der amtierende Bundesratspräsident, Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU), sagte: "Der Bundesrat ist das Bindeglied zwischen Bund und Ländern. Oder anders gesagt: Er nimmt den Faden aus Bund und Ländern auf und verbindet die losen Enden." Im Bundesrat erhalte die Vielfalt der Länder bei der Bundesgesetzgebung eine Stimme. "Und hier gelingt es immer wieder, die Gegensätze zwischen den unterschiedlichen parteipolitischen Überzeugungen in eine konstruktive Einigung zu überführen."

Anders als der Bundestag kennt der Bundesrat keine Legislaturperioden, die Sitzungen werden daher seit der ersten Zusammenkunft vom 7. September 1949 durchnummeriert. Wegen einer Reihe von Sondersitzungen zur Corona-Krise findet die 1000. Sitzung früher statt als ursprünglich geplant. Steinmeier ist nach seinem Vorgänger Joachim Gauck der zweite Bundespräsident, der vor der Länderkammer spricht.

kle/fab (epd, dpa, afp)