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Steinbrück wird Kanzlerkandidat

Bettina Marx28. September 2012

Die K-Frage der SPD ist wohl entschieden: Nach Medienberichten soll Peer Steinbrück Kanzlerkandidat der Sozialdemokraten werden. Eine Pressekonferenz der SPD-Führung soll Klarheit bringen.

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Steinbrück auf dem SPD-Bundesparteitag im Dezember 2011 in Berlin (Foto:dapd)
Bild: dapd

Der SPD-Kanzlerkandidat steht offenbar fest. Peer Steinbrück soll im nächsten Jahr als Spitzenkandidat der SPD in die Bundestagswahl ziehen. Dies meldete am Freitag Vormittag die Bildzeitung. Auch Nachrichtenagenturen wollen aus Parteikreisen erfahren haben, dass der ehemalige Finanzminister der großen Koalition als Herausforderer von Bundeskanzlerin Angela Merkel feststeht. Demnach hat sich der SPD-Fraktionsvorsitzende Frank-Walter Steinmeier aus dem Rennen zurückgezogen. Er habe dies Parteichef Sigmar Gabriel schon vor Wochen mitgeteilt, berichtet Spiegel-Online. Der in der Bevölkerung ausgesprochen beliebte frühere Außenminister war bei der letzten Bundestagswahl im Jahr 2009 gescheitert.

Der SPD-Bundestagsabgeordnete Peer Steinbrück (v.l), der SPD-Parteivorsitzender Sigmar Gabriel und der SPD-Fraktionsvorsitzender Frank-Walter Steinmeier in Berlin am 15.9.2012 beim Zukunftskongress der SPD (Foto: dpa)
Die SPD-Troika, Steinbrück, Gabriel und Steinmeier (v.l.n.r.)Bild: picture-alliance/dpa

In der eigenen Partei nicht unumstritten

Eigentlich sollte erst Anfang des kommenden Jahres entschieden werden, wer SPD-Kanzlerkandidat wird. Noch vor wenigen Tagen erklärte Generalsekretärin Andrea Nahles, an dem verabredeten Zeitplan ändere sich nichts. Doch nun wurde der Druck, zu einer raschen Entscheidung zu kommen, offenbar zu groß. In den Medien wurde die sogenannte K-Frage immer wieder thematisiert, vor allem "Der Spiegel" spekulierte immer wieder über eine bevorstehende Entscheidung. Dabei ist Peer Steinbrück in seiner eigenen Partei nicht unumstritten. Er ist der Einzige in der sogenannten Troika, dem Führungstrio der SPD, der kein Parteiamt innehat. Vor allem die Linken in der SPD stehen ihm kritisch bis distanziert gegenüber. Sie werfen ihm eine zu wirtschaftsfreundliche Haltung vor. Als Finanzminister in der großen Koalition sprach er sich für eine weitgehende Deregulierung der Banken aus und ließ das auch in den Koalitionsvertrag schreiben. Gleichzeitig versprach er, sich für "Produktinnovationen" der Banken einzusetzen, für genau die Geschäfte also, die von Verbraucherschützern inzwischen als hoch spekulativ und nicht mehr durchschaubar gebrandmarkt werden. Zusammen mit Angela Merkel setzte sich Steinbrück auch für die Rettung der privaten HRE-Bank mit öffentlichen Geldern ein. Im Jahr 2009 wurde die Bank verstaatlicht. Sie wurde mit Garantien in dreistelliger Milliardenhöhe abgesichert.

Vom Deregulierer zum Bankenbändiger

Vielleicht um der Kritik entgegenzutreten, die sich an seinem früheren Einsatz für die Deregulierung der Banken entzündet hat, meldete sich Steinbrück nun vor wenigen Tagen mit einem aufsehenerregenden Positionspapier zu den Finanzmärkten zu Wort. Darin schlug er vor, die Banken stärker zu regulieren, Investment- und Geschäftsbanken zu trennen und einen eigenen Rettungsschirm für Banken aufzuspannen. Seine Vorschläge dienten nicht als seine Bewerbungsmappe für die Kanzlerkandidatur, versicherte Steinbrück zwar. Die meisten Beobachter werteten seinen Auftritt jedoch als klare Positionierung in der Kandidatenfrage und sogar als Eröffnung des Wahlkampfs.

In den letzten Tagen ist Steinbrück aber auch wegen einer anderen Frage ins Gerede gekommen. Als Finanzminister soll er versucht haben, Sponsoren für die Ausrichtung der Schachweltmeisterschaft zu gewinnen. Für die Schreiben an die Post, die Telekom und weitere Unternehmen habe er das offizielle Briefpapier des Finanzministeriums verwendet. Steinbrück selbst weist die Vorwürfe des Amtsmissbrauchs zurück. Dem Berliner "Tagesspiegel" sagte er, er sei der Ansicht, dass es sinnvoll, wenn nicht geboten sei, "Ereignisse und Veranstaltungen von allgemeinem Interesse und oder von Relevanz für die jeweilige Region zu ermöglichen – wenn nicht anders möglich auch mit Unterstützung renommierter Unternehmen".

Peer Steinbrück im Jahr 2005, als er noch Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen war, beim Schachspiel gegen denSchach-Weltmeister Wladimir Kramnik (Russland) (Foto:dpa)
Steinbrück bemühte er sich um Sponsoren für die Schachweltmeisterschaft.Bild: picture-alliance/dpa/dpaweb

Keine Chance gegen Merkel

Erste Reaktionen auf die wahrscheinliche Nominierung Steinbrücks als Kanzlerkandidat sind unterschiedlich ausgefallen. Die Linken-Finanzpolitikerin Sahra Wagenknecht sprach von einem Offenbarungseid der SPD. Ihr Parteifreund Klaus Ernst erklärte, Steinbrücks Name stehe für die Agenda 2010. Der SPD-Spitzenkandidat für die Landtagswahl in Bayern, Christian Ude, begrüßte die Entscheidung. Er erhoffe sich davon Rückenwind für seinen eigenen Wahlkampf. In der CDU gab man sich gelassen. Der Geschäftsführer der Unionsfraktion Michael Grosse-Brömer twitterte: "Gabriel kann nicht, Steinmeier will nicht – da blieb nur einer übrig".

Diese Gelassenheit wird von den aktuellen Meinungsumfragen unterstützt. Sie sehen Bundeskanzlerin Angela Merkel weit vorn. Das ZDF-Politbarometer sieht sie bei 53 Prozent. Nur 36 Prozent der Befragten würden gern Peer Steinbrück als Kanzler sehen.