Steinbrück fordert Merkel heraus
28. September 2012Die K-Frage in der SPD ist geklärt: Parteichef Sigmar Gabriel schlug den früheren Finanzminister Peer Steinbrück als Spitzenkandidaten für die Bundestagswahl im kommenden Jahr vor. Der Parteivorstand werde am Montag in einer Sondersitzung darüber beraten und ihn offiziell nominieren. Gabriel und SPD-Fraktionschef Steinmeier hatten zuvor ihren Verzicht auf eine Kandidatur erklärt. Steinbrück sei der richtige Kanzler für Deutschland, sagte Steinmeier den Journalisten. Er selbst werde sich im Wahlkampf so engagieren, als wäre es sein eigener. Steinbrück kündigte an, die jetzige Bundesregierung ablösen zu wollen - zusammen mit den Grünen.
In der eigenen Partei nicht unumstritten
Eigentlich sollte erst Anfang des kommenden Jahres entschieden werden, wer SPD-Kanzlerkandidat wird. Noch vor wenigen Tagen erklärte Generalsekretärin Andrea Nahles, an dem verabredeten Zeitplan ändere sich nichts. Doch nun wurde der Druck, zu einer raschen Entscheidung zu kommen, offenbar zu groß. In den Medien wurde die sogenannte K-Frage immer wieder thematisiert, vor allem "Der Spiegel" spekulierte immer wieder über eine bevorstehende Entscheidung.
Dabei ist Peer Steinbrück in seiner eigenen Partei nicht unumstritten. Er ist der Einzige in der sogenannten Troika, dem Führungstrio der SPD, der kein Parteiamt innehat. Vor allem die Linken in der SPD stehen ihm kritisch bis distanziert gegenüber. Sie werfen ihm eine zu wirtschaftsfreundliche Haltung vor. Als Finanzminister in der großen Koalition sprach er sich für eine weitgehende Deregulierung der Banken aus und ließ das auch in den Koalitionsvertrag schreiben. Gleichzeitig versprach er, sich für "Produktinnovationen" der Banken einzusetzen, für genau die Geschäfte also, die von Verbraucherschützern inzwischen als hoch spekulativ und nicht mehr durchschaubar gebrandmarkt werden. Zusammen mit Angela Merkel setzte sich Steinbrück auch für die Rettung der privaten HRE-Bank mit öffentlichen Geldern ein. Im Jahr 2009 wurde die Bank verstaatlicht. Sie wurde mit Garantien in dreistelliger Milliardenhöhe abgesichert.
Vom Deregulierer zum Bankenbändiger
Vielleicht um der Kritik entgegenzutreten, die sich an seinem früheren Einsatz für die Deregulierung der Banken entzündet hat, meldete sich Steinbrück nun vor wenigen Tagen mit einem aufsehenerregenden Positionspapier zu den Finanzmärkten zu Wort. Darin schlug er vor, die Banken stärker zu regulieren, Investment- und Geschäftsbanken zu trennen und einen eigenen Rettungsschirm für Banken aufzuspannen. Seine Vorschläge dienten nicht als seine Bewerbungsmappe für die Kanzlerkandidatur, versicherte Steinbrück zwar. Die meisten Beobachter werteten seinen Auftritt jedoch als klare Positionierung in der Kandidatenfrage und sogar als Eröffnung des Wahlkampfs.
In den letzten Tagen ist Steinbrück aber auch wegen einer anderen Frage ins Gerede gekommen. Als Finanzminister soll er versucht haben, Sponsoren für die Ausrichtung der Schachweltmeisterschaft zu gewinnen. Für die Schreiben an die Post, die Telekom und weitere Unternehmen habe er das offizielle Briefpapier des Finanzministeriums verwendet. Steinbrück selbst weist die Vorwürfe des Amtsmissbrauchs zurück. Dem Berliner "Tagesspiegel" sagte er, er sei der Ansicht, dass es sinnvoll, wenn nicht geboten sei, "Ereignisse und Veranstaltungen von allgemeinem Interesse und oder von Relevanz für die jeweilige Region zu ermöglichen – wenn nicht anders möglich auch mit Unterstützung renommierter Unternehmen".
jh/hf/hsr (dpa,dapd,reuters)