Interview Steffi Jones
26. Juli 2013Die deutsche Frauenfußball-Nationalmannschaft hat es zum sechsten Mal nacheinander ins EM-Finale geschafft. Am Sonntag (16 Uhr MESZ) spielt sie im schwedischen Solna gegen Norwegen um den Titel. Ex-Nationalspielerin Steffi Jones, beim Deutschen Fußball-Bund für die Belange der deutschen Fußballerinnen zuständig, freut sich im Interview mit der Deutschen Welle sehr über den Erfolg.
DW: Die deutsche Elf hat es ins Finale geschafft, trotz personalgeschwächter und stark verjüngter Elf, wie bewerten Sie die bisherige Leistung der Mannschaft?
Steffi Jones: Ich bin natürlich super-glücklich. Wir wussten ja, es sind sechs Spielerinnen ausgefallen, bei denen man davon ausgehen konnte, dass sie spielen werden. Insofern war das immer wieder von der Bundestrainerin betont worden, dass wir nicht zu viel erwarten sollen, sondern von Spiel zu Spiel schauen. Und das haben die Spielerinnen großartig umgesetzt. Sie sind alle super-happy, sie sind stolz. Und wir freuen uns auf ein großartiges Finale mal wieder gegen Norwegen.
Ja, mal wieder gegen Norwegen - ebenfalls einer der Favoriten, außerdem die Mannschaft, die den Deutschen in der Vorrunde eine historische Niederlage beigebracht hat. Was ist möglich für die deutsche Elf?
Ich glaube, da ist alles drin. Da werden noch einmal Kräfte frei. Die Spielerinnen sind jetzt auch so selbstbewusst. Sie wissen, sie haben über den Kampf in dieses Turnier gefunden und in der K.o.-Runde bestanden, was die anderen nicht umsetzen konnten. Zum Beispiel Schweden oder auch Frankreich. Es ist alles drin und ich wünsche ihnen jetzt auch den Titel.
Nachwuchsarbeit fruchtet
Nicht nur Sie wünschen sich das: Bundeskanzlerin Angela Merkel, Nationalmannschaftskapitän Philipp Lahm und unter anderem auch Uli Hoeneß haben beste Grüße ausrichten lassen. Inwieweit beflügelt das vor allem die jungen Spielerinnen?
Die sind vor allem dadurch beflügelt, dass sie zum ersten Mal mit der Frauen-Nationalmannschaft im Finale stehen. Sie haben schon ihre Turniererfahrungen. Das sind alles Spielerinnen, die schon in der U17 waren, in der U19, in der U20 und dort Titel geholt haben. Maren Meinert [Anmerkung der Redaktion: Nachwuchstrainerin beim DFB] hat da schon großartige Vorarbeit geleistet. Die sind so oder so beflügelt. Aber es tut natürlich trotzdem gut, wenn man solche E-Mails, Faxe und Botschaften bekommt.
Gerade auch nach der Kritik der Vorrunde, die nicht gerade leise war. Das haben die Spielerinnen ganz gut weggesteckt, oder?
Die Mannschaft hat das sehr gut weggesteckt. Was mich geärgert hat, ist die Art und Weise, wie das stattgefunden hat. Dass man die Trainerin infrage stellt, so etwas gehört sich nicht. Und deswegen bin ich umso glücklicher, sowohl für die Trainerin als auch für die Mannschaft, dass sie allen zeigen konnten: Und wir können es!
Balsam nach frühem WM-Aus
Die Kritik gab es vor zwei Jahren auch, nach dem frühen WM-Aus vor eigenem Publikum im Viertelfinale. Wäre ein EM-Titel Balsam auf die Wunden? Oder ist das nicht zu vergleichen, auch weil jetzt eine andere Elf auf dem Platz steht?
Es ist immer wichtig, dass man hoffentlich weit kommt, wenn man ein großes Turnier hat. Es zeigt sich immer wieder, dass danach ein Schub ausgelöst wird. Nach der WM war es anders. Wir haben nicht an den Olympischen Spielen teilgenommen, das war schon schwierig, weil wir uns nicht präsentieren konnten - nur über die Testspiele, die Freundschaftsspiele. Und jetzt – das ist sehr, sehr gut. Das heißt aber nicht, dass wir uns darauf ausruhen können. Wir haben eine sehr gute Nachwuchsarbeit gehabt. Die wird fortgeführt. Und jetzt wäre es tatsächlich einfach Balsam für Trainerin und Mannschaft, dass sie hoffentlich als Europameisterinnen entspannt in den Urlaub gehen können und bald schon wieder in die Saison starten müssen.
Wenn wir mal auf die gesamte EM zurückblicken - sehen Sie eine Entwicklung auch bei den anderen Nationalteams oder werden wir in Zukunft weiterhin nur die Favoriten Titel holen sehen?
Ich sehe auch spielerisch eine Entwicklung, die man aber weiter ausbauen muss. Die nächste EURO wird wieder mehr Mannschaften mit sich bringen, auch im Frauenbereich. Hier kann man sehen, dass man immer wieder etwas dafür tut. Die UEFA und die FIFA haben einige Programme, in denen sie Gelder zur Verfügung stellen, dass sich der Frauenfußball weiter entwickeln kann. Es geht alles in sehr, sehr kleinen Schritten. Es wird in den nächsten Jahren weiter so bleiben, dass es die Favoritenrollen geben wird. Aber die eine oder andere Überraschung gibt es ja auch immer.
Genau. Dänemark zum Beispiel. Abschließend: Wie ist Ihr Tipp für das Finale?
Ich glaube weiterhin an unsere Mannschaft. Ich habe es schon vor und während dem Turnier gesagt und bin jetzt auch der Meinung, dass wir gewinnen werden. Und ich würde mal auf ein 2:0 tippen, wenn ich darf [lacht].
Die ehemalige Nationalspielerin Steffi Jones wurde Weltmeisterin, dreifache Europameisterin und holte zweimal die Bronzemedaille bei Olympischen Spielen. Von 2008 bis zur 2011 war sie Präsidentin des Organisationskomitees für die FIFA-Frauenfußball-Weltmeisterschaft in Deutschland. Danach wurde sie Direktorin für Frauenfußball beim DFB.
Das Interview führte Olivia Fritz.