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Stefani geht, Schröder bleibt

12. Juli 2003

Nach massiver Kritik aus dem In- und Ausland an seinen anti-deutschen Ausfällen ist der italienische Tourismus-Staatssekretär Stefano Stefani zurückgetreten. Bundeskanzler Schröder bleibt der Toskana trotzdem fern.

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Der neue Freund deutscher Italien-Urlauber, Stefano Stefani bekennt nun: "Ich liebe Deutschland!"Bild: AP

Ministerpräsident Silvio Berlusconi sagte am Freitagabend (11.07.2003), er habe Stefano Stefani zum Rücktritt aufgefordert. Dieser willigte umgehend ein und kündigte seinen Rücktritt für Montag an.

In einer Erklärung, die die "Bild"-Zeitung diesen Samstag (12.7.2003) veröffentlicht, entschuldigt sich Stefani für seine Entgleisungen und schreibt: "Teile meines Artikels in der Parteizeitung 'La Padania' haben in den letzten Tagen zu Verstimmungen im deutsch-italienischen Verhältnis geführt. Das tut mir Leid, das war nicht meine Absicht."

"Ich liebe Deutschland"

Schröder und Berlusconi telefonieren
Zurück zur Gelassenheit: Bundeskanzler Schröder, Italiens Staatschef Silvio Berlusconi (v.l.)Bild: AP

Stefani schreibt weiter: "Ich liebe Deutschland. Wenn durch meine Worte bei vielen Deutschen Missverständnisse entstanden sind, möchte ich mich hiermit dafür vielmals entschuldigen." Er versicherte, dass die Deutschen in Italien stets willkommen seien. Sie seien vorbildliche Nachbarn und verlässliche Freunde.

Der italienische Staatspräsident Carlo Azeglio Ciampi forderte beide Länder auf, nun so schnell wie möglich wieder zu Weisheit und Gelassenheit zurückzufinden. "Wir dürfen nicht zulassen", so Ciampi, "dass die schmerzhafte Polemik, die die deutsch-italienischen Beziehungen gestört hat, einen Schatten auf unsere künftige Zusammenarbeit wirft."

"Supernationalistisch"

Stefani hatte deutsche Touristen als "supernationalistische Blonde" bezeichnet, die über Italiens Strände herfielen. Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) reagierte am Mittwoch mit der Absage seiner geplanten Adria-Reise. Am Freitag forderte er indirekt die Entlassung Stefanis. Schröder (SPD) sagte in der ARD-Sendung "Bericht aus Berlin': "In meiner Regierung wäre der keine Stunde länger Staatssekretär geblieben." Nach den von Stefani geäußerten "dumpfen Vorurteilen gegenüber meinen Landsleuten" habe er mit der Absage seiner Adria-Reise eine Grenze setzen wollen.

Die Bundesregierung reagierte in der Nacht zum Samstag zurückhaltend auf den angekündigten Rücktritt des italienischen Staatssekretärs. "Hierbei handelt es sich um eine souveräne Entscheidung der italienischen Regierung, die wir nicht zu kommentieren haben", teilte Regierungssprecher Bela Anda mit.

Anda sagte weiter, Bundeskanzler Schröder werde trotz des Rücktritts dieses Jahr keinen Urlaub in Italien machen. Schröder könne seiner Familie nicht eine neuerliche Umplanung des Urlaubs zumuten und bitte deshalb seine italienischen Freunde, besonders die in der Region um Pesaro, um Verständnis dafür, dass es bei der Absage bleibe. Selbstverständlich werde der Kanzler aber den Sommerurlaub im nächsten Jahr gemeinsam mit seiner Familie wieder im Haus seines Freundes in Italien verbringen.

Populistische Klaviatur

Die Krise im Verhältnis zwischen Deutschland und Italien war am 2. Juli ausgelöst worden, als der deutsche EU-Abgeordnete Martin Schulz (SPD) den italienischen Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi wegen dessen Doppelrolle als Regierungschef und Medienunternehmer vor dem EU-Parlament scharf kritisierte. Berlusconi schlug Schulz daraufhin als Idealbesetzung für den "Kapo" (Aufseher) in einem KZ-Film vor. Berlusconi sagte später, er bedauere die Äußerungen; eine förmliche Entschuldigung lehnte er aber ab. Die Äußerungen Stefanis verschärften die Krise.

Der Bundeskanzler spielte diese Verstimmungen zwischen Italien und Deutschland nach Einschätzung eines Experten vor allem aus innenpolitischen Motiven hoch. "Schröder hat wieder auf der populistischen Klaviatur gespielt, wie er das ja sehr gut kann", sagte der Politikwissenschaftler Prof. Wichard Woyke von der Universität Münster in einem Interview. "Auf struktureller Ebene sind die Beziehungen zwischen Deutschland und Italien völlig in Ordnung. Mein Rat ist: Alles tiefer hängen." (mas)