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"Machterhalt statt Transparenz"

Matthias von Hein30. Januar 2014

Chinas Führung hat der Korruption den Kampf angesagt. Doch wer genauer nachfragt, landet im Gefängnis. Wer über Politiker-Vermögen berichtet, muss das Land verlassen. Das passt nicht zusammen, meint Matthias von Hein.

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Deutsche Welle Chinesische Redaktion Matthias von Hein
Bild: DW

Chinas Präsident Xi Jinping führt einen Feldzug gegen die in China allgegenwärtige Korruption. "Fliegen und Tiger" sollen laut Propagandajargon ins Visier genommen werden, sprich: hohe und niedrige Funktionäre. Aber: Gleichzeitig werden Aktivisten ins Gefängnis gesteckt, nur weil sie die Offenlegung der Vermögensverhältnisse von Funktionären fordern. Dies geschah kürzlich einem der bekanntesten Bürgerrechtler Chinas, Xu Zhiyong.

Auch Vertreter westlicher Medien werden abgestraft, wenn sie versuchen, Transparenz in die Vermögen von hohen Beamten und ihren Familienmitgliedern zu bringen: Nach gut sechs Jahren in China musste der "New York Times"-Reporter Austin Ramzy Ende Januar das Land verlassen. Er ist der dritte Journalist der "New York Times", der in den vergangenen 18 Monaten ausreisen musste, weil sein Visum nicht verlängert wurde. Damit scheinen die chinesischen Behörden die renommierte US-Zeitung für ihre Berichterstattung über das Vermögen des früheren Premierministers Wen Jiabao bestrafen zu wollen. Sehr detailliert hatte die "New York Times" im Herbst 2012 dargelegt, dass der Clan der Familie Wen über ein Vermögen von weit über zwei Milliarden Euro verfügt.

Im gleichen Jahr hatte sich der Informationsdienstleister Bloomberg mit den finanziellen Verhältnissen der Familie von Xi Jinping beschäftigt. Ergebnis: Sie verfügt demnach über gut 300 Millionen Euro. Eine stattliche Summe - insbesondere für den Clan eines Mannes, der selbst noch 2004 auf einer Anti-Korruptions-Konferenz warnend den Zeigefinger gehoben hatte mit denn Worten: "Haltet eure Ehefrauen, Kinder, Verwandte, Freunde und Angestellten im Zaun und schwört, Macht nicht für persönliche Zwecke auszunutzen."

Wie wenig die Mahnung gefruchtet hat, konnte man kürzlich in westlichen Medien nachlesen. Die hatten den riesigen Datenschatz der sogenannten "Offshore-Leaks" - aufgedeckte Kapitalbewegungen in Richtung Steueroasen - durchforstet. Das Ergebnis: Die chinesischen Elite hat riesige Vermögen in karibische Steueroasen verschoben. Mehr als 20.000 Offshore-Firmen können mit Kunden aus China und Hongkong in Verbindung gebracht werden. Der Name des Schwagers von Xi Jinping taucht in den Dokumenten auf, die Tochter und der Schwiegersohn von Ex-Premier Wen Jiabao sowie zahlreiche Verwandte weiterer Ex-Premiers oder Staatschefs. In China wurden Informationen zu dem Thema sofort blockiert.

Xi Jinping ist nicht der erste Staats- und Parteichef Chinas, der den Kampf gegen die Korruption zu einer Existenzfrage für den Fortbestand der Herrschaft der Kommunistischen Partei stilisiert. Das haben seine Vorgänger auch getan. Immerhin haben Xis Anti-Korruptions-Ermittler tatsächlich auch hoch- und höchstrangige Funktionäre ins Visier genommen. Mit dem früheren Sicherheits-Zar Zhou Yongkang wird sogar gegen ein ehemaliges Mitglied des engsten Führungskreises, des ständigen Ausschusses des Politbüros, ermittelt. Aber das gleichzeitige Vorgehen gegen Journalisten und Medien, die Haftstrafen für Transparenz-Aktivisten deuten darauf hin, dass Xi im Kampf gegen die Korruption vor allem ein probates Mittel sieht: Um seine innerparteilichen Gegner kaltzustellen.