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Stand deutscher Waffenlieferungen an die Ukraine

10. Mai 2022

Vom Kampfpanzer bis zur Haubitze, vom Flugabwehrsystem bis zu leichten Waffen samt Munition aller Art - seit Kriegsbeginn hat Deutschland der Ukraine Kriegsgerät im Wert von Milliarden geliefert. Eine Übersicht.

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Flugabwehrpanzer Gepard feuert Stinger-Rakete ab
Ein Flugabwehrpanzer vom Typ Gepard feuert auf einem Schießplatz in Deutschland eine Stinger-Flugabwehrrakete ab (Archiv)Bild: Carsten Rehder/dpa/picture alliance

Deutschland hat von Anfang an zahlreiche leichte Waffen und Ausrüstung an Kyiv geschickt. Bundeskanzler Olaf Scholz hat aber bei schweren Waffen wie Kampfpanzern lange gezögert, aber längst hat die Ukraine auch die bekommen. Noch immer wartet sie aber auf den Marschflugkörper Taurus. Hier eine Liste der deutschen Lieferungen der wichtigsten Waffensysteme:

Kampfpanzer Leopard 2

Der Leopard 2 ist ein Vorzeigestück deutscher Rüstungsproduktion. Er wird seit 1978 in Serie gebaut und wurde seitdem vielfach verbessert. In der Bundeswehr ist eine Ablösung erst für 2030 vorgesehen. Gerade durch den großen Exporterfolg des Panzers der Firma Krauss-Maffei Wegmann existieren sehr viele unterschiedliche Versionen, die jeweils an die besonderen Anforderungen der Käufer angepasst wurden. Es gibt auch Lizenzbauten im Ausland. Auch das Vorgängermodell Leopard 1 ist sehr oft verkauft worden und leistet nach wie vor in vielen Armeen der Welt Dienst.

Frankreich, Straßburg: Symbolbild: EU erhöht Militärausgaben Kampfpanzer Leopard 2
Der Leopard 2 ist der weltweit wohl bekannteste deutsche Panzer: er wurde mehrere tausend mal gebaut und vielfach exportiertBild: picture-alliance/dpa/P. Steffen

Sein Zweck ist die Abwehr feindlicher Panzerverbände. Der Leopard 2 hat eine 120-mm-Kanone, mit der er auch in Fahrt stehende oder bewegliche Ziele angreifen kann. Auch bei Fahrt in unebenem Gelände bleibt die Kanone auf das Ziel gerichtet.

Der Leopard kann mit einer Zusatzausrüstung bis zu vier Meter tiefe Gewässer durchfahren. Der ABC-Schutz ist bis zu einer Dauer von 48 Stunden ausgelegt.

Der 1500 PS starke und mehr als 60 km/h schnelle Panzer ist ein Schwergewicht. Seine mehr als 60 Tonnen sind immer wieder ein Problem für Brücken.

Deutschland Kampfpanzer Leopard 2
Mit Tauchschacht kann der Leopard 2 bis zu vier Meter tiefe Gewässer durchfahrenBild: picture-alliance/dpa/P. Steffen

In Einsätzen in Afghanistan hat sich der Leopard nach Darstellung der beteiligten kanadischen und dänischen Soldaten vor allem wegen seines hohen Schutzes gegen Angriffe bewährt. Ein politisch heikler Einsatz dieses deutschen Panzers war, als 2018 die Türkei Leoparden in Nordsyrien gegen die Kurdenmiliz YPG einsetzte.

Die Bundesregierung hat der Ukraine bisher 18 Leopard 2 und 88 des älteren Leopard 1 überlassen.

Flakpanzer Gepard

Der Gepard (Titelbild) ist ein Flugabwehrkanonen- oder kurz Flakpanzer. Er hat 35-mm-Zwillingskanonen. Er wird gegen Flugzeuge und Hubschrauber in bis zu 3500 m Höhe, aber auch gegen leichtgepanzerte Bodenziele wie Schützen- und Transportpanzer eingesetzt. Daran wird deutlich, dass der Gepard sowohl als Verteidigungs- als auch als Angriffswaffe eingesetzt werden kann. Gegen einen Kampfpanzer hätte der Gepard wegen seiner relativ kleinkalibrigen Kanonen allerdings keine Chance. 

Relevant für einen Einsatz in der Ukraine: Die Bewaffnung wurde unter anderem gegen gepanzerte Kampfhubschrauber wie den sowjetisch-russischen Mil Mi-24 "Hind" entwickelt.

Russland Syrien Militärhilfe
Der Gepard könnte dem russischen Kampfhubschrauber Mi-24 trotz dessen Panzerung gefährlich werdenBild: picture-alliance/dpa/ ITAR-TASS

Der Gepard wurde 1976 eingeführt und war lange ein Eckpfeiler der Flugabwehr des Heeres der Bundeswehr, aber auch des niederländischen und belgischen Heeres. Doch in diesen Ländern wurde der Gepard schon vor rund 20 Jahren ausgemustert, in Deutschland der letzte 2012. Als einziges NATO-Land nutzt Rumänien den Gepard noch. Die deutschen Modelle mussten erst wieder einsatzfähig gemacht werden. Der Ukraine wurden bislang 55 Stück geliefert. 

Panzerhaubitze 2000

Sie ist ein gepanzertes, selbstfahrendes Artilleriegeschütz des Kalibers 155 mm. Die 60 im Munitionsmagazin gelagerten Geschosse können mit einer Feuerrate von drei Schuss in zehn Sekunden abgefeuert werden. Ziele können noch in 40 km Entfernung zerstört werden. Die Firmen Krauss-Maffei Wegmann und Rheinmetall lieferten die ersten Haubitzen 1998 an die Bundeswehr aus und stellen das Modell in weiterentwickelter Form weiterhin her.

Panzerhaubitze 2000
Die Panzerhaubitze 2000 kann Ziele in 40 km Entfernung zerstörenBild: Sebastian Gollnow/dpa/picture alliance

Die Panzerhaubitze 2000 muss im Gegensatz zum Kampfpanzer Leopard zum Feuern stehen, sie ist daher einem Kampfpanzer im direkten Duell klar unterlegen. Sie kann aber nach dem Feuern sofort eine erneute Tarnstellung beziehen und damit Gegenfeuer ausweichen. Sie soll motorisierten Verbänden folgen und ihnen Feuerunterstützung geben.

Die Haubitze war bei Einsätzen 2006 und 2007 in Afghanistan in Verbindung mit Luftunterstützung erfolgreich. Die Ukraine hat bisher 24 Haubitzen von Deutschland bekommen.

Schützenpanzer Marder

Schützenpanzer transportieren Infanterietruppen ins Gefecht, geben ihnen Feuerunterstützung, und Schützen feuern aus ihnen heraus. Er ist daher ein besonders vielseitiges Waffensystem. Der Marder bietet Platz für sechs oder sieben Schützen. Er besitzt eine 20-mm-Maschinenkanone und – optional – Lenkflugkörper vom Typ Milan gegen Boden- wie Luftziele.

Deutschlannd Informationslehrübung der Bundeswehr
Der Marder stammt von 1971: durch ständige Verbesserung ist er auch heute noch auf dem neusten Stand der MilitärtechnikBild: Philipp Schulze/dpa/picture alliance

Er besitzt zum Schutz gegen ABC-Waffen eine Schutzbelüftungsanlage und kann durch eine Tauchhydraulik bis zu zwei Meter tiefe Gewässer durchfahren.

Mit seiner Indienststellung 1971 ist der Marder noch älter als der Gepard und wird in Deutschland nach und nach durch das Nachfolgemodell Puma ersetzt. Trotzdem ist der Marder nach wie vor in der Bundeswehr und in einer Reihe anderer Armeen im Einsatz und hat sich auch im Kosovo und Afghanistan bewährt. Möglich wurde das durch fortwährende Verbesserungen des Panzers, im Militärjargon Kampfwertsteigerungen. Gelieferte Stückzahl bisher: 140.

Luftverteidigungssystem Patriot

Das Flugabwehrraketensystem Patriot der US-Hersteller Raytheon und Lockheed bekämpft Flugzeuge, taktische Raketen und Marschflugkörper. Mit diesem bodengestützten Flugabwehrraketensystem können bis zu fünf Ziele gleichzeitig bis zu einer Entfernung von 68 Kilometern bekämpft werden. Die Abwehrraketen werden von einem LKW aus gestartet und erreichen vierfache Schallgeschwindigkeit. Patriot wird seit seiner Einführung 1984 in zahlreichen Streitkräften einschließlich der Bundeswehr eingesetzt. Der erste Einsatz der Patriots in einem Kampfgebiet war durch die USA während des Zweiten Golfkrieges von 1991 gegen den Irak.

Patriot ist teuer. Ein einziges System ohne Raketen kostet mehrere hundert Millionen US-Dollar, jede einzelne Abwehrrakete weitere drei bis acht Millionen Dollar. Wegen des hohen Preises der Raketen lohnt sich der Einsatz nur bei Hochwertzielen; ein Einsatz zum Beispiel gegen Kampfdrohnen wäre eine große Verschwendung. Bisher wurden drei Einheiten an die Ukraine geliefert.

Luftverteidigungssystem IRIS-T

IRIS-T ist ein bodengestütztes mobiles (von einem LKW aus) Flugabwehrraketensystem des deutschen Herstellers Diehl in multinationaler Zusammenarbeit. IRIS-T wurde erst 2022 indienstgestellt, also erst im Jahr des Kriegsbeginns in der Ukraine. Die Reichweite der Abfangraketen beträgt 40 Kilometer. Das System dient der Abwehr von Hubschraubern, Flugzeugen, unbemannten Luftfahrzeugen, Marschflugkörpern und Kurzstreckenraketen. 

Ein Vorteil von IRIS-T ist seine große Mobilität: Alle Komponenten sind auf standardisierten 20-Fuß-Containern montiert und lassen sich somit von Lastwagen, auf Eisenbahnwaggons und Schiffen und sogar von Transportflugzeugen wie der C-130 Hercules oder dem Militär-Airbus A400M transportieren. 

Gelieferte Systeme SLM: 5, SLS: 4

Fliegerfaust Stinger

Die Stinger ist eine schultergestützte, infrarotgelenkte Boden-Luft-Rakete, die seit 1980 in den USA von Raytheon, schon lange aber auch in Europa, darunter in Deutschland hergestellt wird. Nach der Zielerfassung - ein Kampfflugzeug oder -hubschrauber – und dem Abfeuern durch den Schützen verfolgt die Rakete ihr Ziel selbsttätig bis in eine Entfernung von rund 4000 m. Der Gefechtskopf explodiert leicht zeitverzögert nach dem Aufschlag, meist auf den Treibstofftank, und erhöht damit die Wirkung.

Deutschland | Soldat mit Stinger-Flugabwehrrakete
Mit amerikanischen Stinger-Raketen haben afghanische Mudschahedin während der Besatzung der UdSSR in den 80er Jahren Dutzende sowjetische Kampfflugzeuge und -hubschrauber abgeschossen (hier ein Bundeswehrsoldat bei einer Übung) Bild: Ingo Wagner/dpa/picture alliance

Stingers haben sich als äußerst effektive wie einfach zu bedienende Waffe erwiesen. Vor allem während der sowjetischen Besetzung Afghanistans haben von den USA ausgerüstete afghanische Kämpfer zahlreiche sowjetische Flugzeuge und Hubschrauber abgeschossen. 500 Stinger wurden seit Kriegsbeginn an Kyiv geliefert.

Panzerfaust/Bunkerfaust

Bei der Bundeswehr und anderen nationalen Streitkräften wird die Standard-Panzerfaust 3 zur Panzerabwehr verwendet, hergestellt seit 1992 von der Firma Dynamit Nobel in Deutschland. Sie wird von der Schulter gegen stehende Ziele bis zu 400 m und fahrende Ziele bis zu 300 m Entfernung abgefeuert. Sie kann bis zu 300 mm Panzerstahl durchdringen und, als Bunkerfaust mit anderer Munition, bis zu 240 mm Stahlbeton.

Deutschland | Soldaten mit Panzerfaust
Die Panzerfaust 3 von Dynamit Nobel durchschlägt Panzerstahlplatten und BetonbunkerBild: Sebastian Gollnow/dpa/picture alliance

Nach Angaben der Bundesregierung hat Deutschland der Ukraine bereits zu Beginn des Krieges mehrere tausend Panzerfäuste geliefert.

 

Christoph Hasselbach
Christoph Hasselbach Autor, Auslandskorrespondent und Kommentator für internationale Politik