Staatskapelle Weimar spielt Liszt-Fragment
18. August 2018"Sie ist 170 Jahre alt, aber sie klingt sehr frisch" - mit diesen Worten macht David Trippett, außerordentlicher Professor an der Musikfakultät der Universität Cambridge, die Besucher auf die Liszt-Uraufführung in Weimar am 19. August neugierig.
Über 100 Jahre lag das Manuskript zu Franz Liszts Oper "Sardanapalo" im Goethe- und Schiller-Archiv in Weimar, bevor sich David Trippett seiner annahm - und nun etwas präsentiert, "was niemand zuvor gehört hat". Franz Liszt (1811-1886) selbst war von 1843 bis 1861 Kapellmeister der Hofkapelle - der heutigen Staatskapelle - in Weimar.
Trippett war bereits als Student an der Leipziger Hochschule für Musik mit dem Zug nach Weimar gereist, um sich das Stück aus dem Archiv anzusehen. "Es ist die Verwirklichung eines Traumes", offenbarte der Musikprofessor im Gespräch mit der Deutschen Presseagentur.
Von "unaufführbar" zu uraufführbar
Das 111-seitige Stück forderte Trippetts Können und Wissen heraus: Es sei unentzifferbar und lückenhaft, Liszt habe es in den 1850er-Jahren größtenteils kurzschriftlich notiert, mit vielen Abkürzungen, Änderungen und alternativen Versionen vermerkt. Lange galt die Oper als unaufführbar. Doch für den Cambridge-Professor war klar: "Die Musik muss gerettet werden."
Vor mehr als zehn Jahren begann Trippett mit seiner Arbeit, davon war er rund drei Jahre lang mit der Orchestrierung der Partitur unter Beachtung von Liszts eigenen Anweisungen beschäftigt. "Die Orchestrierung kommt von mir, aber es ist durchgängig Liszt", so Trippett. Die Musik sei fantastisch. Liszt habe versucht, eine moderne italienische Oper mit kühnen harmonischen Wendungen zu komponieren.
Das Libretto, der Text der Oper, basiert auf Lord Byrons Tragödie "Sardanapalus" über den letzten König des antiken Assyriens, dem heutigen Syrien und Nordirak: ein friedliebender Herrscher, der sich mehr für Feiern und Frauen interessiert als für Politik und Krieg, und der an die Güte und Tugend im Menschen glaubt. Als er von Rebellen gestürzt wird, verbrennt er sich und seine Geliebte bei lebendigem Leib.
Die Entdeckung der Liszt-Oper schlage ein neues Kapitel in der deutschen Musikgeschichte des 19. Jahrhunderts auf, meint Kirill Karabits, Chefdirigent der Staatskapelle Weimar. "Das Stück finden Sie noch in keinem Werkverzeichnis von Liszt", fügt er hinzu.
Uraufführung der Staatskapelle Weimar
Nach Trippetts jahrelanger Arbeit ist nun der erste Akt der unvollendeten Liszt-Oper fertig - und Karabits und sein Weimarer Orchester führen ihn im 1. Sinfoniekonzert der neuen Saison konzertant auf. Nach der Uraufführung am 19. August im Deutschen Nationaltheater in Weimar wird das Stück einen Tag später wiederholt.
"Die Musik ist wirklich großartig und faszinierend", sagte Chefdirigent Karabits. Das Fragment mit dem Chor am Ende erinnere ihn sehr an Richard Wagners "Tannhäuser". "Ich dirigiere etwas, was niemand zuvor gehört hat. Das ist sehr spannend und eine große Verantwortung."
am/rf (dpa)