Städte in Deutschland schwitzen um die Wette
25. Juli 2019Die extreme Hitzewelle hat Deutschland einen neuen Temperaturrekord beschert: Im niedersächsischen Lingen wurden am Donnerstagnachmittag 42,6 Grad gemessen. Erstmals überhaupt wurde damit die 42-Grad-Marke in der Bundesrepublik durchbrochen, wie ein Sprecher des Deutschen Wetterdiensts (DWD) in Offenbach mitteilte. Eine weitere Steigerung sei aber noch möglich, hieß es.
Der erst am Mittwoch aufgestellte Temperaturrekord von Geilenkirchen hatte nur einen Tag lang Bestand. Dort wurden 40,5 Grad gemessen. Die Stadt hatte den bislang historischen Spitzenwert aus dem Sommer 2015 übertroffen. Damals zeigte das Thermometer 40,3 Grad. Die Messstelle in Geilenkirchen mit dem neuen Rekordwert gehört nicht zum Netz des DWD - es handelt sich um eine NATO-Messstation. Daher musste der Wert erst von den DWD-Experten überprüft werden. Doch schon am Donnerstagvormittag löste Bonn Geilenkirchen als Spitzenreiter ab - für wenige Stunden. In Bonn wurden 40,6 Grad gemessen.
Auch der jüngste Rekord dürfte aber nur kurze Zeit Bestand haben. Die Metereologen gehen von weiter steigenden Temperaturen aus. "Es wird noch heißer", kündigte ein DWD-Sprecher an. Die Experten gehen davon aus, dass eine Stadt in Nordrhein-Westfalen auf der offiziellen DWD-Hitze-Hitliste die neue Nummer eins werden kann. Die Region zwischen Kölner Bucht und Niederrhein haben die Fachleute dabei besonders im Blick. Auch andere europäische Städte vermelden Rekorde. In Paris wurde mit über 42,6 Grad die höchste Temperatur seit 70 Jahren gemessen.
Die Hitzewelle soll noch bis zum Wochenende anhalten.Vorsorglich zogen mehrere Behörden der Stadt Brüssel den Feierabend für ihre Mitarbeiter im Außendienst bis Freitag auf 13.00 Uhr vor. In Deutschland wurde eine Forderung der Grünen laut, wonach Arbeitnehmer bei zu hohen Temperaturen ein Recht auf Homeoffice erhalten sollten.
Die Hitze kann nicht nur auf den Menschen zermürbend wirken. In der Schweiz, Österreich und Deutschland schaut man mit Sorge auf die Bahnschienen. Die verbiegen sich immer wieder bei zu großer Hitze. Eine mögliche Lösung: weiße Farbe. Die Bahnunternehmen der drei Länder streichen die weiße Farbe auf Bahnschienen. "Studien zeigen, dass mit dem hellen Anstrich die Schienen bis zu sieben Grad kühler bleiben", sagt ein Sprecher der Schweizerischen Bundesbahnen (SBB).
Schienen könnten nach Angaben des SBB-Sprechers bei andauernd großer Hitze bis zu 70 Grad heiß werden. "Bei diesen Verhältnissen will sich das lückenlos verschweißte Gleis ausdehnen, dabei entstehen vor allem in Kurven Querkräfte, die zur Verformung der Gleise führen können", erläutert er. Im Fachjargon heißt das Gleisverwerfung.
Nicht Schienen, sondern Straßen sind es, die den Niederändern Sorge bereiten - und sie finden dabei eine Lösung, die eher an den Winter erinnert: Sie schicken Streuwagen auf die Straßen. Streusalz bei Tropenhitze sei kein Witz, sagt eine Sprecherin der Kommune Utrechtse Heuvelrug im Osten des Landes. "Das tun wir auf einigen Straßen, um Asphalt zu kühlen."
Das Salz entzieht der Luft Feuchtigkeit, und die wiederum kühlt den Asphalt etwas ab. Auf diese Weise sollen Schäden und das Kleben der Straßenoberfläche verhindert werden. Vor allem Städte und Gemeinden im Osten des Landes nahe der deutschen Grenzen setzen diese Methode ein. Bei tropischer Hitze kann der Asphalt so heiß werden, dass er aufbricht und Dellen bekommt.
Gefahr warmer Flüsse für Atomkraftwerke
Die Hitze setzt auch Atomkraftwerken zu. Das Atomkraftwerk Grohnde in Niedersachsen soll wegen der steigenden Wesertemperatur voraussichtlich am Freitag gegen Mittag abgeschaltet werden. Dann werde für das Flusswasser die kritische Temperaturgrenze von 26 Grad erwartet, sagte eine Sprecherin des niedersächsischen Umweltministeriums.
Zum Schutz des Ökosystems der Weser dürfe dann kein wärmeres Wasser mehr in den Fluss geleitet werden. Sobald sich die Weser nachhaltig abkühle, werde der Betrieb wieder aufgenommen, teilte die Betreibergesellschaft Preussen Elektra mit. Dies werde voraussichtlich am Sonntag der Fall sein. Auch in Frankreich kündigte der Energiekonzern EDF an, in dieser Woche die beiden Reaktoren der Zentrale von Golfech in Tarn-et-Garonne herunterzufahren.
lh/jj (dpa, afp)