Sport: mangelhaft
20. Juli 2009"Man redet viel davon, wie groß der Wert des Sportes ist, besonders die Politiker und man spricht von gesundheitlichen Effekten. Die Realität sieht anders aus“, sagt Werner Schmidt, Professor für Sportpädagogik an der Universität Duisburg-Essen. Er ist Herausgeber einer Studie zur Lage des Sportunterrichts an deutschen Schulen. Das Ergebnis ist ernüchternd: Im Vergleich mit 18 anderen OECD-Ländern liegt Deutschland bei den Ausgaben für Sportunterricht an Grundschulen nur auf Platz 14. Im Kindergarten sieht die Lage noch düsterer aus - hier belegt Deutschland einen der letzten Plätze.
"Häschen hüpf" statt Geräteturnen
Selbst an Grundschulen würden im Schnitt nur zwei Stunden Sport erteilt - die Kultusminister der Länder hatten drei Stunden vorgesehen. Außerdem werde an den Grundschulen Sport zu fast 80 Prozent von fachfremden Lehrern unterrichtet. Die bringen den Kindern selten Neues bei - das bedeute oft vier Jahre lang "Häschen hüpf“ statt Geräteturnen, so Schmidt.
Einige Schulen sind aber trotz der tristen allgemeinen Situation positive Ausnahmen. Maria Horstmann ist Rektorin an einer Bonner Grundschule. In ihrem eigenen Unterricht hat sie festgestellt: "Wenn Kinder eine Weile wieder raus gehen aus dem Unterrichtsgeschehen und die Möglichkeit haben, sich zu bewegen, sind sie anschließend wesentlich konzentrierter.“
Die Rektorin setzt sich an ihrer Schule deshalb dafür ein, die Kinder nicht permanent zum Stillsitzen zu zwingen, sondern den Unterricht durch viele Pausen aufzulockern. Und auch in den Unterrichtsstunden stehen die Lehrer immer wieder zusammen mit den Kindern auf und machen Lockerungsübungen.
Staat in der Pflicht
Dass generell nicht mehr Sport unterrichtet würde, verhinderten die Vorgaben der Landesregierungen, so Maria Horstmann. "Es wäre wunderbar, jeden Tag eine Stunde Sport zu geben“, sagt die Rektorin. Genug Sportlehrer gäbe es zwar in Deutschland, allerdings legen die Landesregierungen fest, wie viele Stunden den einzelnen Unterrichtsfächern zugeteilt werden. Die Schulen sind an diese Vorgaben gebunden - mehr Sportunterricht als vorgeschrieben, geht nicht.
Ein Lichtblick in Deutschland ist immerhin, dass weit mehr als die Hälfte der Kinder in Sportvereinen sind, egal aus welcher sozialen Schicht sie kommen. Das reiche jedoch nicht aus, sagt Werner Schmidt. Der Staat habe die Aufgabe, die Kinder früh an den Sport heranführen. Untersuchungen zeigten, dass es auf den Anfang ankomme: "Wer sich mit vier oder fünf Jahren nicht bewegt, bei dem ist die Wahrscheinlichkeit auch relativ gering, dass er sich mit 50, 60 noch bewegt“, sagt Schmidt.
Autor: Sola Hülsewig
Redaktiion: Wolfgang van Kann