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Sphinx wider Willen

15. Juli 2003

Ein Porträt von Jean-Claude Trichet - Chef der französischen Notenbank und designierter Nachfolger von EZB-Präsident Wim Duisenberg.

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Jean-Claude Trichet, Chef der französischen NotenbankBild: AP

Jean-Claude Trichet wägt seine Worte stets sorgsam ab. Eine falsche Äußerung – und der Euro geht auf Talfahrt. Anders als sein amerikanischer Kollege Greenspan mimt Trichet aber nur ungern die Sphinx. Er ist ein Mann der klaren Worte und verteidigt seine Sache gerne mit präzise vorgetragenen Argumenten. Sein Amt verdammt ihn aber zu loyalem Schweigen.

Der designierte Duisenberg-Nachfolger Trichet wurde im Vorfeld seiner Nominierung als EZB-Chef zum Spielball der Diplomatie und persönlicher politischer Interessen. Verdient hat er das Versteckspiel nicht – an seiner fachlichen Qualifikation für das Amt zweifelt niemand. Der Karrierebeamte Trichet legte eine Musterlaufbahn hin, die ihn bis an die Spitze der französischen Notenbank brachte. Geboren 1942, erwarb er Studienabschlüsse in Politik, Ingenieurs- und Wirtschaftswissenschaften und besuchte die Elitehochschule ENA. Danach ging Trichet in die Finanzpolitik, wo er es bis zum Direktor des mächtigen französischen Schatzamtes brachte. 1993 wurde er zum Chef der französischen Notenbank ernannt und ist in dieser Funktion auch Mitglied des "Executive Board" der Europäischen Zentralbank (EZB). 1999 wurde er als Gouverneur der "Banque de France" wiedergewählt.

Vater des starken Franc

Nun strebt er nach höheren Weihen. Aufgabe des EZB-Präsidenten ist, den Euro zu einer dauerhaft harten Währung zu machen. Zeigte sich die europäische Währung in der Vergangenheit wieder einmal schmalbrüstig, wurde regelmäßig der Ruf nach Trichet laut. Der Franzose gilt als Vater des "franc fort", des starken Franc. Er drückte die Inflationsrate und verbesserte die Konkurrenzfähigkeit der französischen Wirtschaft in Europa. Seine Geldpolitik war bisweilen so streng, dass Gegner ihm vorwarfen, er folge nur den Vorgaben der deutschen Bundesbank. Heute ist seine Geldpolitik unumstritten.

Zum Verhängnis wäre Trichet fast eine zehn Jahre alte Affäre geworden. Seit dem Frühjahr 2000 ermittelte die französische Justiz gegen ihn wegen angeblicher Bilanzfälschung. Trichet wurde vorgeworfen, als Direktor des Schatzamtes die Bilanzen der von der Pleite bedrohten staatlichen Bank Crédit Lyonnais frisiert zu haben. Die Rettung der Bank kostete den Steuerzahler nach vorsichtigen Schätzungen rund 15 Milliarden Euro. Trichet bestritt die Vorwürfe und wurde im Juni 2003 frei geprochen.

Trommler für den Euro

Im Jahr 2001 vor Einführung des Euro tat Trichet schon mal das, was auch als oberster Währungshüter seine Aufgabe wäre: Er rührte unermüdlich die Werbetrommel für den Euro und empfahl sich dadurch für das Amt des EZB-Präsidenten. Trichet lehnt eine expansivere Wirtschaftspolitik auf Kosten der Stabilität des Euros ab. Ein dauerhaftes inflationsfreies Wachstum sei die Basis für die effiziente Bekämpfung der Arbeitslosigkeit. (jf)