SPD dämpft Erwartungen
18. Oktober 2013"Keiner soll glauben, am Ende steht ein hundertprozentiges SPD-Programm", sagte SPD-Chef Sigmar Gabriel bei einer Rede auf dem Kongress der Bergbau- und Chemiegewerkschaft IG BCE in Hannover (Artikelbild). Das starke Wahlergebnis der Union erschwere es der SPD, Ziele wie einen Mindestlohn oder mehr betriebliche Mitbestimmung durchzusetzen. Die SPD habe kein Regierungsmandat bekommen, betonte Gabriel auf dem Delegiertenkongress der Gewerkschaft.
Die Spitzen von Union und SPD hatten sich am Donnerstag darauf verständigt, Koalitionsverhandlungen aufzunehmen. Die CDU ist zuversichtlich, dass eine neue Regierung vor Weihnachten mit der Arbeit beginnen kann. Der CDU-Bundesvorstand sprach sich am Freitag einstimmig für Koalitionsverhandlungen mit der SPD aus. Wenn auch der SPD-Konvent am Sonntag zustimmt, sollen die Gespräche am Mittwoch formell beginnen.
Mindestlohn als rote Linie
Beim dem Konvent könnte der SPD-Vorstand eine Prüfliste für die Koalitionsverhandlungen mit der Union vorlegen. Die einzige klare rote Linie ist derzeit der Mindestlohn von 8,50 Euro in Ost- wie Westdeutschland. SPD-Chef Sigmar Gabriel betonte in Hannover, eine große Koalition käme nicht zustande, wenn die Union einem flächendeckenden Mindestlohn von 8,50 Euro nicht zustimmt.
Da die Union aber bei 8,50 Euro im Osten Jobverluste fürchtet, könnte ein Kompromiss in einer stufenweisen Anhebung liegen. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) soll in einer Telefonkonferenz des Bundesvorstandes nach Teilnehmerangaben gesagt haben, beim gesetzlichen Mindestlohn müssten sich beide Seiten aufeinander zu bewegen.
Wähler wollen Mindestlohn
Die Wähler stehen in zwei Punkten mehrheitlich auf der Seite der SPD: Laut dem ZDF-"Politbarometer" sind 83 Prozent der Befragten für einen flächendeckenden Mindestlohn von 8,50 Euro. 69 Prozent befürworten die von der SPD geforderte Erhöhung des Spitzensteuersatzes. Zudem sind 70 Prozent der Befragten für die von der CSU geforderte Pkw-Maut für Ausländer.
Wie bereits andere Umfragen zuvor, zeigte die ZDF-Studie, dass die Mehrheit der Bevölkerung (61 Prozent der Befragten) von einer großen Koalition zwischen CDU/CSU und SPD regiert werden möchte.
Spekulationen um Ministerposten
Wer in einer möglichen großen Koalition welche Ministerposten übernehmen würde, ist zum jetzigen Zeitpunkt offiziell ein Tabuthema.Dennoch gibt es Spekulationen. Die Zeitung "Die Welt" berichtet unter Berufung auf SPD-Führungskreise, die SPD strebe die Ministerposten im Finanz- und Arbeitsministerium an. Dafür sei sie bereit, auf das Außenministerium zu verzichten. Außerdem sei Gabriel für das Arbeitsressort gesetzt, Kandidaten für das Finanzressort seien Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier und Fraktionsgeschäftsführer Thomas Oppermann.
Der SPD-Chef dementierte, dass es bereits Vorverabredungen über Ressortbesetzungen gebe. Auf seiner Facebook-Seite schrieb er dazu: "Weder bei den Sondierungen noch in den internen Gesprächen auf SPD-Seite ist bislang über Kabinettsposten auch nur gesprochen worden." Es gehe ausschließlich um die Inhalte.
nem/gri (dpa, afp, rtr)