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Spanische Presseschau zu den Anschlägen

12. März 2004

Bestürzung, Zorn und Verwirrung über die Anschläge bestimmen die Leitartikel in den spanischen Zeitungen. DW-WORLD bietet Auszüge aus den Kommentaren wichtiger Tageszeitungen.

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Bild: AP

Die rechts-liberale Zeitung "El Mundo" stellt ihren Leitartikel unter die Überschrift "Unser 11. September":

"Madrid war gestern das Manhattan (des 11. September): Die gleichen Gesichter der Verzweiflung, die spontane Solidarität der Bürger, der zusammengebrochene Verkehr, die kollabierten Hospitäler (...) Die Stadt war vom Schmerz dahingerafft. Es gibt keine Worte, um eine solch monströse Tat wie das Legen dieser Bomben, die fast 200 Menschenleben ausgelöscht haben, zu verurteilen."

Die links gerichtete Tageszeitung "El Pais" spricht vom "größten Gemetzel und der bedeutensten Katastrophe in der spanischen Hauptstadt seit dem Bürgerkrieg":

"Die Möglichkeit, dass Al Kaida dahinter stecken und dass es eine Verbindung zur Rolle der Regierung Aznar während des Irak-Krieges geben könnte, ruft eine tiefe Unruhe hervor. Die spanische Öffentlichkeit war auf ein solches terroristische Inferno nicht vorbereitet."

"Die Anschläge von gestern ähneln denen von Nadschaf, Irak, vom August mit 123 Toten, von Bali im Oktober 2002 (...) oder sogar den furchtbaren Anschlägen des 11. September in New York und Washington mehr als den schlimmsten und grausamsten Attentaten von ETA, wie das auf das Kaufhaus Hipercor von 1987 mit 21 Toten."

"Die Hypothese, dass es sich um ein Attentat von fanatischen Islamisten handelt, ist nicht auszuschließen - auch wenn die Regierung gestern darauf bestand, dass es sich um ETA handelt. Es ist zu hoffen, dass von Seiten der Regierung keine Information zurückgehalten oder manipuliert worden ist."

"Es liegt eine gewisse Beweislast bei ETA, einer Organisation, die sich nicht immer zu ihren Anschlägen bekennt und die wie alle Terroristen von der Konfusion leben. Im Extremfall könnten die Terroristen den Kleinlaster mit den Koran-Versen selbst präpariert haben, um falsche Spuren zu legen."

Die konservative Zeitung "ABC" sieht die Demokratien in einem "Weltkrieg" gegen den Terrorismus:

"Das schlimmste ist eingetreten. Madrid, wie New York, Jerusalem, Bagdad und Kerbala, haben ihren terroristischen Holocaust erlebt. Ab jetzt wird nichts mehr so sein, wie es einmal war. Wir sind in unfreundliche Zeiten eingetreten, die keinen Raum für illusorische Hoffnungen noch für weiche Humanität lassen."

"ETA und der islamistische Terror sind in ihrer Handlungsweise nicht mehr zu unterscheiden: Sie töten massenhaft und ohne Skrupel (...) Wir befinden uns im Krieg - in einem Weltkrieg zwischen der Demokratie und ihren Feinden, und diese Feinde (muss man sie wirklich aufzählen?) heißen islamischer Fundamentalismus, ethnischer Nationalismus, Neostalinismus und Neofaschismus sowie neue Judenfeindlichkeit. Noch können wir einige Unterschiede (zwischen den Terroristen) erkennen. Doch bald werden sie sich auflösen und alle gleich sein."

Die in Barcelona erscheinende Zeitung "La Vanguardia" spricht von einem "Terror ohne Grenzen":

"Dieser Anschlag ist nicht nur beispiellos, was die Zahl der Opfer angeht, sondern bringt uns auf brutale Weise in Verbindung mit einem Massaker, dass wir nicht für möglich gehalten haben."

"Die allgemeine Verwirrung über die Autorenschaft des Massakers lindert den Schmerz der Opfer in keiner Weise, auch nicht den der Bürger, die von der terroristischen Gewalt erschüttert wurden. Im politischen Leben Spaniens gibt es nun einen neuen Anlass zur Furcht. Wenn es die Terrorgruppe ETA war, die den Anschlag von gestern geplant und ausgeführt hat, hat sie eine Strategie des Terrors eingeführt, die sich von der bisherigen komplett unterscheidet (...) Stecken aber hinter dem Massaker islamistische Terroristen, die Al Kaida nahe stehen, hätten wir es mit einer neuen Bedrohung in unserem Land zu tun, die leider auch die gesamte westliche Welt und mit den USA verbündeten arabischen Länder überziehen würde (...) Wir hätten es dann mit einer Neuauflage des 11. September zu tun, die an einem 11. März stattfand und zum ersten Mal in einem Land der Europäischen Union. (stl)