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Anti-Putin-Song

31. Januar 2012

Ein kritisches Lied über Putin heizt den russischen Wahlkampf an. Darin fordern ehemalige Elite-Soldaten den Premier auf, seine Kandidatur bei der Präsidentenwahl im März aufzugeben. Das Lied ist ein Renner auf YouTube.

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Ein durchgestrichenes Portrait von Wladimir Putin (Foto: EPA/SERGEI ILNITSKY)
Die Band will am 4. Februar auf der Demonstration in Moskau auftretenBild: picture-alliance/dpa

Kurz geschorene Köpfe, tätowierte Oberarme, ernste Gesichter. Die verwackelte Aufnahme zeigt zwei bullige Männer in gestreiften Unterhemden und blauen Baretten der russischen Fallschirmjäger. Sie singen ein Lied, das wie eine Abrechung mit Wladimir Putin klingt. "Wir haben dir vertraut, doch du hast viele Jahre gelogen", heißt es darin. "Du bist ein einfacher Beamter, kein Zar und kein Gott", wiederholen die Männer zu Gitarrenklängen und fordern den Regierungschef auf, bei der Präsidentenwahl am 4. März nicht anzutreten.

Screenshot des Videos auf Youtube
Über eine halbe Million Besucher zählt das Video bei YouTubeBild: youtube

Das rund vierminütige Video ist in wenigen Tagen zum Renner im Internet geworden. Nachdem letzte Woche ein landesweit bekannter Blogger auf das Putin-kritische Lied hingewiesen hatte, haben es sich mehr als eine halbe Million Menschen bei YouTube angeschaut. Tausende haben es kommentiert. Den meisten gefällt der Text: "Ein tolles Lied! Gut gemacht, Jungs!" oder "Zusammen werden wir die Putin-Bande schlagen". Doch nicht alle User sind begeistert: "Betrug! Das sind keine echten Fallschirmjäger!"

Elite-Militärs gegen Putin?

Genau darin liegt die Brisanz des Internet-Hits. Fallschirmjäger gehören seit Sowjetzeiten zur Elite der russischen Armee. Sie genießen hohes Ansehen in der Gesellschaft. Und die Armee stehe hinter Putin, so die verbreitete Meinung in Russland, denn Putin habe sich stets um die Belange der Streitkräfte gekümmert.

Zumindest hat er es so inszeniert. Putin zeigte sich gerne in Militäruniform – mal in einem Kampfjet, mal in einem Atom-U-Boot. Seine Regierung gibt an, die Modernisierung der Armee voranzutreiben und Milliarden in neue Raketen, Panzer und Kampfschiffe zu investieren. Wie kann es dann sein, dass ausgerechnet ehemalige Fallschirmjäger mit einem Protestlied Stimmung gegen Putin machen?

"Vorboten einer Revolution"

Anti-Putin-Plakat bei einer Massendemo Ende 2011 in Moskau(Foto: AP/dapd)
Zehntausende demonstrierten im Dezember gegen PutinBild: dapd

Über die namenlose Band ist wenig bekannt. In ihrem Videoauftritt stellen sich die Bandmitglieder als Vertreter einer Veteranenorganisation von Fallschirmjägern aus einem Moskauer Stadtteil vor. "Wir sind einfache Bürger und wollen nicht in einem Land leben, in dem Diebstahl und Betrug herrschen", sagte in einem Fernsehinterview Michail Wistizkij, einer der Sänger. Er selbst sei Bauunternehmer und habe seinerzeit in den sowjetischen Streitkräften in Ost-Deutschland gedient. Die von Putin versprochene Modernisierung der russischen Armee sei eine Lüge, so Wistizkij. Das sehe auch der offizielle Verband der Fallschirmjäger so.

Auf der Internetseite des Verbands ist allerdings von Kritik an Putin keine Spur. Stattdessen findet man einen Artikel über die jetzigen Präsidentschaftskandidaten. Darin schreibt der Verbandschef Pawel Popowskich über Putin, "dass er seine Aufgaben als Oberbefehlshaber der Streitkräfte effektiv erfüllen kann". Putin habe dies schon in den Jahren 1999-2004 bewiesen. Damit verweist Popowskich auf den zweiten Tschetschenien-Krieg, der unter Putin begann. Seinen Artikel beendet der Chef des Verbands der russischen Fallschirmjäger mit Warnungen. Er spricht vor "turbulenten Zeiten" und "Vorboten einer Revolution" und meint damit die aktuellen Proteste gegen Putin.

Von Popowskichs Warnungen lassen sich aber die ehemaligen Fallschirmjäger aus Moskau offenbar nicht abschrecken. Sie wollen bei der nächsten großen Kundgebung in Moskau am kommenden Samstag (04.02.2012) live auftreten. "Wir werden uns nicht verstecken", sagt der Sänger Wistizkij. In seinem Facebook-Profil ist eine weiße Schleife zu sehen - das Symbol der Protestbewegung "Für faire Wahlen".

Autor: Roman Goncharenko
Redaktion: Markian Ostaptschuk